Proteste gegen verschwörungs-ideologische „Demo-Tour“ von März – Oktober 2021

Nach 13. Updates seit März wurde dieser Informationsartikel beendet. Aktuelle Informationen zu verschwörungsideologischen Anmeldungen auf berlin-gegen-nazis.de - Stand 31.10.2021

Anfang 2021 informierte Berlin gegen Nazis über die regelmäßigen Anmeldungen der verschiedenen verschwörungsideologischen Kleinstgruppierungen in Berlin. Fast jede dieser Gruppen führte ihre eigenen Kundgebungen mit sehr geringen Teilnehmendenzahlen durch. Nur die verschwörungsideologischen Autokorsos erreichten bis März dreistellige Zahlen. Seit Anfang März haben sich die anderen Berliner Kleinstgruppierungen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum unter dem Motto „Demo-Tour“ wieder stärker vernetzt und führen Demonstrationen mit je um die 200 Personen in verschiedenen Berliner Bezirken durch. Weitere Kleinstgruppierung sind der Vernetzung beigetreten. Unter den Gruppierungen in diesem „Demo-Tour“ Bündnis findet sich der Berliner Ableger von Querdenken, die neu entstandene Partei „Die Basis“ sowie sehr lokale Gruppen, die z.B.in Treptow und Pankow regelmäßig Aktionen mit unter 10 Personen durchführten. Seit dem Frühsommer sind diese Versammlungen kleiner. Die Beteiligten Gruppierungen konzentrierten sich auf die großen verschwörungsideologischen Mobilisierungen nach Berlin, z.B. am 21. April, zu Pfingsten und am 1. & 29. August. Am Sonntag, den 01.08. und am Wochenende 28.08./29.08. kam es nach diversen Versammlungsverboten zu vielen, mitunter größeren Spontanversammlungen, welche durch Personen und Gruppierungen aus der „Demo-Tour“ Vernetzung teils federführend mitorganisiert wurden. Verbotene Hauptanmeldungen am 31.Juli ,1. August sowie 28. & 29.August kamen aus dem Kreis der Berliner „Demo Tour „-Vernetzung. Informationen zur bundesweiten Mobilisierung um den 1.August nach Berlin hier sowie um den 29.August hier.

Auch im Nachgang des 1.08. versuchten Personen und Gruppierungen der verschwörungsideologischen „Demo-Tour“-Vernetzung von der Mobilisierung und Aufmerksamkeit um den 1. August zu profitieren. Anmeldungen am 04.08. und 07.08. wurden jedoch von der Versammlungsbehörde verboten. Stattdessen nahmen Teile der Vernetzung an einer Demonstration am 7. August von Kreuzberg nach Mitte teil und gestalteten diese Versammlung mit.

Dokumentation einiger Gegenproteste in den Bezirken

In allen bisher betroffenen Stadtteilen – , Mitte & Prenzlauer Berg in Pankow (07.03.21, 14.08.21), Marzahn-Hellersdorf (14.03.21/03.07.21/ 04.09.2021/30.10.2021) Wedding in Mitte (28.03.21/ weitere Infos), Spandau (10.04.21), Kreuzberg (24.04.21), Neukölln (25.04.21), Lichtenberg (01.05.21), Weissensee in Pankow (05.06.21), Treptow-Köpenick (10.07.21), Charlottenburg (25.09.21) – gab es größere und kleinere Proteste von Anwohner_innen und lokalen Initiativen gegen diese Demonstrationen.

Am 20.07.21 nahm eine zentrale Person der „Demo-Tour“ im üblichen Kostüm an einer gezielten Anmeldung zur Provokation am Denkmal für die ermordeten Juden Europas teil. Die direkte Provokation am Holocaust-Mahnmal konnte durch starken Gegenprotest organisiert von Omas gegen Rechts Berlin verhindert werden.

Lichtenberg- 1. Mai – Proteste von Bunter Wind, Anwohner_innen und weiteren Initiativen

Mehrere hundert Lichtenberger_innen protestierten am 1. Mai gegen die verschwörungsideologische Demonstration durch das Wohnviertel im Niebelungenkiez. Bunter Wind für Lichtenberg führte am Rathaus eine Gegenkundgebung durch.

Neukölln-Gropiusstadt – 25. April – Proteste von Bündnissen & Initiativen mehr als 75 Menschen protestierten gegen die Auftaktkundgebung verschwörungsideologische „Demo Tour“. Das Bündnis Neukölln (Bündnis-Aufruf) hatte mit Unterstützung der Anwohner_inneninitiativen Rudow empört sich und Hufeisern gegen Rechts aufgerufen. Erneut waren auch die Berliner Omas gegen Rechts Deutschland-Bündnis vor Ort. Die Redner_innen gingen auf Missstände in der Pflege, die Situation von Corona-Kranken und ihren Angehörigen ein, thematisierten die menschenverachtende Rhetorik der selbsternannten Querdenker_innen und deren Anschlussfähigkeit an die Mitte der Gesellschaft. Die Angriffe auf Journalist_innen wurden genauso benannt wie die Bedrohnung und Verleumdung einzelner Personen, die sich im Gegenprotest engagieren.

Kreuzberg – 24. April – große Anwohner_innenproteste 500 Anwohner_innen protestierten mit breiter Unterstützung aus den anliegenden Wohnhäusern gegen eine verschwörungsideologische Demonstration mit ca. 80 Personen – darunter mehrere Neonazis – durch Kreuzberg 61. Diese Demonstration wurde nicht direkt als „Demo-Tour“ gelabelt, kam aber aus dem Umfeld dieser Gruppierungen. Ende Mai trat die Gruppierung „Von Mensch zu Mensch AKtion“ der „Demot-Tour“-Vernetzung bei. Bereits am Auftaktort der verschwörungsideologischen Demonstration wurde durch laute Musik aus dem naheliegenden Tommy-Weisbecker-Haus ein deutliches Zeichen aus dem Kiez gesetzt. Nach den ersten 250 Metern der Demonstrationsroute begrüßte eine lautstarke Gegenprotestkundgebung Willy-Brandt-Haus mit über 150 Teilnehmer_innen die verschwörungsideologische Demonstration mit lautstarkem Widerspruch.

Die SPD Südliche-Friedrichstadt protestierte dort gemeinsam mit Anwohner_innen vom Mehringplatz und den Omas gegen Rechts Deutschland-Bündnis. Auf der geplante Demonstrationsroute durch enge Straßen im Hornkiez, Bergmannkiez und um die Manfred-von-Richthofen-Str. in Tempelhof mit Zwischenkundgebungen an COVID-19-Testzentren hatte sich die gesamte Nachbarschaft mit kreativen Bannern an den Hausfassaden gegen Verschwörungsideologien positioniert. Im Hornkiez warteten zudem Anwohner_innen auf einer zweiten Gegenprotestkundgebung. Die sehr kleine verschwörungsideologische Demonstration erreichte diese Kieze jedoch nicht. Aufgrund von mehrfachem spontanen Gegenprotest auf de Route, musste sie eine verkürzte Ausweichroute über den Mehringdamm, direkt zum geplanten Endplatz am Platz der Luftbrücke einschlagen. Im Vorfeld wurde eine Erklärung in der BVV-Friedrichsahin-Kreuzberg verabschiedet.

Spandau – 10. April – offline & Online Proteste – Über 100 Spandauer_innen vor dem Rathaus auf einer Kundgebung vom vom Spandauer Bündnis für Solidarität, Gesundheit und Demokratie, über 35 bei einer Online-Demo und viele Anwohner_innen an der Route protestierten gegen eine verschwörungsideologische Demonstration mit ebenfalls über 100 Personen. Der Protest mit Abstand und MNS auf der Strasse wurde via Liveschalte dem Online-Fest der Demokratie von SPD Spandau, Die Linke Spandau und Bündnis 90/Die Grünen Spandau zugeschaltet und von dort ein Grußwort auf die Straße übertragen.

Der Aufruf vom Spandauer Bündnis für Solidarität, Gesundheit und Demokratie für den 10. April (hier als PDF). Die aggressive verschwörungsideologische Demonstration lief am 10.04. mit mehreren Stunden Verzögerung, aufgrund der Nichteinhaltung der Hygienregeln für Versammlungen und eng begleitet von der Polizei, durch Spandau.

Weitere Hintergründe

(Stand aus dem Frühjahr 2021)

Die Berliner Querdenken-Gruppe und die sogenannte „Freedomparade“(siehe unten) kooperierte bereits Anfang Dezember 2020 bei einer verschwörungsideologischen und pressefeindlichen Demonstration entlang der Gebäude von Berliner Medienhäusern. Die selbst vom sogenannten „Medienmarsch“ betroffene taz und der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di Berlin berichteten. Die DJU schrieb in ihrer Pressemitteilung u.a.:

Der Aufzug führte an neun Redaktionen in Berlin vorbei. Auf Reden wurden die Redaktionen u.a. als faschistisch bezeichnet und die angeblich einseitige Berichterstattung kritisiert.

dju in ver.di Berlin 03.12.2020

Die Gruppe um die „Freedomparade“ ist ein wichtiger Motor dieser aktuellen rechtsoffenen Demos in Berlin. Der Hauptorganisator war schon im April 2020 auf dem Rosa-Luxemburg-Platz präsent. Über das Jahr 2020 organisierte die sich um ihn bildende verschwörungsidelogische Gruppierung regelmäßig kleine Demonstrationen. Zudem waren die Protagonisten der „Freedomparade“ auf nahezu allen verschwörungsidologischen Versammlungen des letzten Jahres in Berlin präsent, außerdem führten sie unangemeldete Aktionen in Einkaufszentren, Lebensmittelgeschäften und im ÖPNV durch und organisierten zudem Bahnreisen zu größeren rechtsoffenen Versammlungen in anderen Städten, bei denen sie sich nicht an die MNS-Pflicht in den Zügen hielten. Den Charakter der Aktionen der Gruppierung wird in einem Tagesspiegel-Artikel mit dem Titel „Corona-Skeptiker skandieren in Berliner Supermarkt „ein bisschen SARS muss sein“ aus dem Dezember beschrieben, der insbesondere die fehlende Abgrenzung gegenüber Rechtsextremisten und Antisemitismus betont:

Die für ehemalige Freunde und Bekannte neue Seite des Partyveranstalters B. ist die fehlende Abgrenzung nach rechts. Denn die Freedomparade fällt nicht nur durch das massenhafte Verbreiten von Verschwörungstheorien im Netz und auf der Straße auf, sondern auch dadurch, dass sie rechte und rechtsextreme Akteure in ihren eigenen Reihen duldet.

Der Tagesspiegel, 19.12.2020

Weiter steht dort:

Während die Gruppe in Dresden aus dem Zug steigt, wendet sich einer der Mitreisenden an die anwesende Presse und fragt „Wo ist denn hier der Zug ins KZ?“. Als einer der Journalisten nachfragt, was damit gemeint sei, entgegnet der Mann: „Naja, die Männer in schwarz sehen aus wie damals die Männer von der SS und der SA. Es gibt Parallelen“, und zeigt auf die Einsatzkräfte der Bundespolizei.

Der Tagesspiegel, 19.12.2020

Am 28. März organisierte das „Demo-Tour“ Bündnis eine Zubringerdemonstration zu einer verschwörungsideologischen Versammlung auf dem Rosa-Luxemburg-Platz –Überblicksinfos hier– , welche aufgrund der Nichteinhaltung der Hygieneregeln für Demonstrationen mehrmals gestoppt und vorzeitig aufgelöst wurde.

Berlin gegen Nazis Live-Ticker 28.03.2021

Auch die verschwörungsideologische Demonstration durch Spandau war durch aggressive Teilnehmende geprägt.

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin, auf deren Fachexpertise und Informationen auch die obigen Ausführungen basieren, schrieb in ihrem Jahresrückblick 2020 zusammenfassend über die auch am 25.April in Neukölln zu erwartenden Mischung an Teilnehmenden:

Die Spanne des auf der Straße versammelten Spektrums reicht von Corona-Leugner_innen, Impfgegner_innen, augenscheinlich esoterischen Milieus, Pegida-Anhänger_innen und Mitgliedern evangelikaler Freikirchen über Teilnehmende der „Montagsmahnwachen für den Frieden“, Vertreter_innen verschwörungsideologischer „Alternativmedien“, QAnon-Gläubigen „Reichsbürgern“, AfD-Mitgliedern und -Mandatsträger_innen bis hin zu klassischen Rechtsextremen und einer rechten Mischszene aus Hooligans, Gewaltprofis und „Bürgerwehren“. Bemerkenswert war die häufige Nutzung einer im Kontext des Nationalsozialismus geprägten Terminologie und Bildsprache, die im eigenen Sinne ideologisch umgedeutet wird. Dazu zählen kontinuierliche begriffliche Gleichsetzungen der Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit dem Ermächtigungsgesetz oder die bagatellisierende Aneignung der Verfolgungsgeschichte von Jüdinnen_Juden im Nationalsozialismus durch die Verwendung von „Judensternen“.

MBR Berlin 28.12.2020

Routen und Kundgebungsorte

(Stand Anmeldungen 3ß.10.2021, Diese Informationen werden nicht mehr aktualisiert)

Hinweis: Unsere Informationen basieren auf der öffentlichen Versammlungsdatenbank des Landes Berlin, sowie Zusatzinformationen aus eigener Recherche. Unsere Informationen zu Versammlungen können von der Versammlungsdatenbank abweichen, da wir häufig aktuellere Informationen bereitstellen und die Datenbank, z.B. Verbote nicht anzeigt. Gegen begründete Verbote von Versammlungen kann die anmeldende Person eine gerichtliche Klärung in Eilverfahren durch mehrere Instanzen auf dem Rechtsweg bestreiten. Wir aktualisieren unsere Informationen bei neuen Entwicklungen.

Samstag, 30.10.2021

  • 14.00 – 17.00 Uhr Uhr verschwörungsideologische Demonstration, Berlin-Hellersdorf, angemeldet für 60 Personen von „Mensch zu Mensch-Aktion“

-> Route: Hellersdorfer Str. 239 – Riesaer Str.- (1. ZSK): Riesaer Str. / Oelsnitzer Str. – Oelsnitzer Str.- Stollberger Str.- (2. ZK): Stollberger Str. / Nossener Str. – Nossener Str. – Glauchauer Str. – Klingenthaler Str. – Carola- Neher- Str. – (3. ZK): Carola- Neher- Str. 58 – John- Heartfield- Str.- Neue Grottkauer Str. – (4. ZK) Neue Grottkauer Str. 5 – Maxi- Wander- Str. – Erich- Kästner- Str. – Peter- Huschel- Str. – (5. ZK) Peter- Huschel- Str. 52 / Bodo- Uhse- Str. – Cecilienstr. – Ende: Hellersdorfer Str. 77

Änderungen sind möglich. Aktuelle Informationen auch auf Twitter Hashtags #b3010