In den vergangenen Wochen kam es an nahezu jedem Wochenende zu verschwörungsideologischen und rechtsoffenen Versammlungen in der Stadt. Die Dynamik der Mobilisierung zu rechtsoffenen Versammlungen in Berlin-Mitte hat seit Mitte Mai abgenommen. Trotzdem gibt es auch an diesem Samstag erneut Anmeldungen für einen verschwörungsideologischen Autokorso vom Olympiastadion zum Lustgarten und einer rechtsoffenen Demonstration vom Boxhagener Platz bis in die Hasenheide. In den Vorwochen beteiligten sich auch Rechtsextreme an diesen Versammlungen und dominierten diese teilweise.
Gegenproteste organisiert durch ein breites Bündnis und Positionierungen von Anwohner_innen und anliegenden Institutionen, wie der Volksbühne und Galerien seit Mitte April, haben die rechtsoffenen Versammlungen von ihrem Ursprungsort am Rosa-Luxemburg-Platz verdrängt. Seither versuchen die verschiedenen Organisatoren der rechtsoffenen Versammlungen neue Orte zu etablieren. Dies waren unter anderem der Alexanderplatz und der Mauerpark, wo ebenfalls starke Proteste gegen diese Versuche stattfanden. Mit Friedrichshain ist dies der Versuch einen neuen Ort zu finden. Die umfangreichen Gegenproteste und Positionierungen in der Vergangenheit gegen diese Versammlungen sind exemplarisch im Berlin gegen Nazis Artikel zum Pfingstwochenende nachlesbar.
Bereits vor drei Wochen kam es zu einer Positionierung der Staatlichen Museen zu Berlin gegen die davor seit vielen Wochen vor dem Alten Museum abgehaltenen verschwörungsideologischen Kundgebungen. Am vergangenen Samstag fand zum dritten Mal eine angemeldete Gegenkundgebung (Facebook-Link) im Lustgarten statt. Neben den Künstler_innen Die Vielen beteiligt sich daran u.a. auch die Anwohner*inneninitiative für Zivilcourage – Gegen Rechts und die Omas gegen Rechts Berlin. Hier war die verschwörungsideologische Kundgebung erstmalig mit glänzendem und lautstarkem Gegenprotest konfrontiert. In den zwei vorangegangenen Wochen wählte der verschwörungsideologische Autokorso kurzfristig als neues Ziel die Messe Berlin bzw. den Hauptbahnhof. Die Messe Berlin hat sich umgehend und deutlich am Tag der verschwörungsideologischen Kundgebung selbst durch ein Statement auf Twitter von deren Inhalten distanziert und damit erfolgreich positioniert.
Aktuell mobilisiert die verschwörungsideologische Kundgebung erneut in den Lustgarten. Ab Samstag positioniert sich auch der Berliner Dom mit dem Banner „Hass schadet der Seele“ deutlich gegen die Versammlungen in direkter Nachbarschaft.
An diesem Samstag findet kein angemeldeter Gegenprotest im Lustgarten statt. Berlin gegen Nazis dokumentiert das Statement der Aufrufenden:
Seit Ende März organisieren verschiedene Akteure bestehend aus Verschwörungsideolog*innen, Querfront, Antisemit*innen und der neuen Rechten sogenannte Hygiene-Demonstrationen gegen die Corona-Einschränkungen, zunächst vor der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.
Seit vielen Wochen findet die Abschlusskundgebung eines verschwörungsideologischen Autokorsos zuletzt vor allem im Lustgarten vor dem Alten Museum statt. Als Reaktion auf diese von Verschwörungsmythen und antisemtischer Hetze geprägten Versammlungen hat sich aus der Berliner Zivilgesellschaft (u.a. unter Beteiligung von DIE VIELEN e.V. und Anwohner*innen, begleitet von Berlin gegen Nazis und beraten durch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus) eine Initiative gebildet, die die antisemitischen und verschwörungsideologischen Inhalte dieser Versammlungen als solche benannt und sowohl im Netz als auch vor Ort gegen sie Position bezogen hat. Die Staatlichen Museen zu Berlin und der Berliner Dom wehren sich gegen die Instrumentalisierung als Kulisse und haben sich in deutlichen Worten distanziert.
In Reaktion auf die eindrucksvolle Positionierung wich die Abschlusskundgebungen an zwei Samstagen in Folge auf andere Standorte aus. Am vergangenen Samstag kehrte sie nun in den Lustgarten zurück. Und auch der Gegenprotest war vor Ort nicht zu übersehen und nicht zu überhören. Eines unserer wichtigsten Gründe für den Gegenprotest vor Ort war, die menschenverachtenden Inhalte dieser Kundgebungen klar zu benennen und eine Öffentlichkeit dafür zu schaffen. Dieses Ziel haben wir erreicht. Mit unserem Protest und dem auch weiterhin vor Ort gut sichtbaren Statements der Anrainer wurde erfolgreich Gegenposition bezogen und weiterhin ist jede*r Einzelne aufgefordert, sich im Alltag entsprechend zu positionieren. In unseren Augen kann es allerdings nicht darum gehen, sich Woche für Woche an sich zunehmend radikalisierenden Verschwörungsideolog*innen und ihrer Anhänger*innenschaft abzuarbeiten, die für Argumente offenbar nicht erreichbar sind und zudem Journalist*innen wie Gegendemonstrant*innen einzuschüchtern und zu diffamieren versuchen. Unser Statement bleibt bestehen! Auch wenn wir nicht mehr jeden Samstag vor Ort sein werden, ist es richtig und wichtig, unserem Protest gegen die Vereinnahmung des Alten Museums als Kulisse für Antisemitismus und Verschwörungsideologien Ausdruck zu verleihen. Menschenverachtende und antidemokratische Inhalte sollten nirgendwo unbeantwortet bleiben – weder auf den Plätzen noch in den Netzen.
Spätestens seit dieser Woche und den erschütternden Morddrohungen gegen Volker Beck und andere ist es in unseren Augen sehr deutlich geworden, dass es die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden ist, umgehend tätig zu werden. Wir akzeptieren nicht, dass dieser Hass weiter ungestraft im öffentlichen Raum, vor Kultureinrichtungen und im Netz verbreitet wird; wohin solche Hetze führt, ist bekannt. Die Zahl der Opfer rechtsradikalen Terrors ist hoch, und sie steigt täglich. Wir fordern ein energisches Eingreifen von Staatsanwaltschaft und Polizei!
Die Vielen e.V. und Anwohner*innen, 17.7.20
Rechtsoffene, verschwörungsideologische und Reichsbürger Versammlungen
13.00-20.00 Uhr: Verschwörungsideologischer Autokorso, Route: Olympiastadion, Olympische Straße, Kaiserdamm, Bismarckstraße, Kaiser-Friedrich-Straße, Lewishamstraße, Kurfürstendamm, Tauentzienstraße, Kleiststraße, Bülowstraße, Potsdamer Straße, Schöneberger Ufer, Tempelhofer Ufer, Waterloo Ufer, Gitschiner Straße, Skalitzer Straße, Oberbaumstraße, Falckensteinsteinstraße, Oberbaumbrücke, Am Oberbaum, Warschauerstraße, Petersburger Straße, Danziger Straße, Eberswalder Straße, Bernauer Straße, Brunnenstraße, Badstraße, Exerzierstraße Berlin, Schulstraße, Luxemburger Straße, Foerer Straße, An-der-Putzlitzbrücke, Stromstraße, Lessingstraße, Bachstraße, Straße des 17. Juni, Ernst-Reuter-Platz, Straße des 17. Juni, Großer Stern, Straße des 17. Juni, Ebertstraße, Potsdamer Platz, Leipziger Platz, Leipziger Straße, Friedrichstraße, Unter den Linden, Schlossplatz, Am Lustgarten, Bodestraße, Abschlusskundgebung: Lustgarten
14.00 – 22.00 Uhr: rechtsoffene Kundgebung, Alexanderplatz 1
14.00 – 22.00 Uhr: Rechtsoffene Demonstration, Route: Boxhagener Platz, Gabriel-Max-Straße, Jülichstraße, Kopernikusstraße, Warschauer Straße, Oberbaumbrücke, Skalitzer Straße, Kottbusser Straße, Kottbusser Damm, Hermannplatz, Hasenheide, in die Hasenheide auf die Wiese neben dem Rixdorfer Teich
Black lives Matter Proteste, Positionierungen, Gegenprotest
13:30-22:00 Uhr, „Impfen ist Liebe! Maskenball überall! Keine Querfront auf dem Boxhagener Platz“, Kundgebung Krossener Straße / Ecke Gabriel-Max-Straße
15:00-19:00 Uhr, „Deutschland hat ein #Rassismusproblem“, Route: Siegessäule, Altonaer Straße, Hansaplatz, Lessingstraße, Stromstraße, Alt-Moabit, Alt-Moabit/ Ecke Rathenower Straße, JVA Moabit
Änderungen sind möglich. Aktuelle Informationen auch auf Twitter unter dem Hashtag #b1807.