Proteste gegen Versammlungen von Reichsbürgern und Rechtsextremen

Update 4 +++Samstag, 20.03.2021, ab 9.00 Uhr, Regierungsviertel/Mitte - Für den 20.03. gibt es vier Anmeldungen von Reichsbürgergruppierungen und Rechtsextremen in Berlin. Als Gegenproteste sind ein Fahrradkorso, zwei Kundgebungen und eine Demonstration angemeldet.

Zum 20. März 2021 mobilisieren erstmals seit dem vergangenen Sommer Rechtsextreme und Reichsbürger-Gruppierungen wieder gemeinsam zu mehreren Versammlungen an einem Tag nach Berlin. Angemeldet sind aktuell ein kleinerer Aufmarsch mit Abschluss vor dem Reichstag, eine Kundgebung vor der Russischen Botschaft und ein Autokorso durch Mitte und das Regierungsviertel. Ursprünglich gab es mehr Anmeldungen, eine der nun abgesagten Anmeldungen hatte eine Aufmarschroute über die Behrensstraße und damit direkt am Denkmal für die ermordeten Juden Europas vorbei. In den Morgenstunden soll ein Autokorso aus Sachsen durch Süd Berlin zur Straße des 17.Juni führen.

Gegenproteste

In Kreuzberg hat sich kurzfristig ein Protest gegen den Autokorso von Rechtsextremen aus Sachsen gebildet. Ab 9.30 Uhr wollen Anwohner_innen vom Mehringplatz gemeinsam mit der SPD xhain an der Kreuzung Hallesches Ufer/Wilhelmstr. einen Zeichen gegen Rechts setzen.

Um 10.30 Uhr startet eine Gegendemonstration, organisiert von einem Bündnis aus linken Jugendverbänden und antifaschistischen Initiativen an der Ecke Friedrichstr./Unter den Linden, welche an der Ebertstr./Behrensstr. am Holocaustmahnmal enden wird, um dieses von den Reichsbürgern und Rechtsextremen abzuschirmen.

Foto: @kinkalitzken Twitter, 18.11.2020

Eine weitere Gegenprotestkundgebung von „Geradedenken“ findet auf dem Pariser Platz ab 10.30 Uhr statt. Die Initiative protestierte zuletzt gegen die verschwörungsideolgischen Versammlungen am 18.November 2020 am gleichen Ort.

Es gibt zudem eine Anmeldung für einen Gegenprotest-Fahrradkorso ab 12.00 Uhr vom Rosa-Luxemburg-Platz ins Regierungsviertel, der unter Einhaltung von Abständen und mit MNS stattfinden wird. Organisiert ist der Protest von einem linken Bündnis auch bekannt als „reptiloide Gegenproteste“. Dieser Zusammenhang ist entstanden aus dem #reclaimrosaluxemburgplatz-Bündnis aus dem Frühjahr 2020 . Unsere Dokumentation der Proteste gegen verschwörungsideologische, rechtsextreme und Reichsbürgerkundgebungen 2020 ist hier (Teil 1, Teil 2) abrufbar.

Hintergründe & Einschätzung der MBR Berlin

Für den 20. März wird von mobilsierungsschwachen Berliner Rechtsextremen zu Versammlungen aufgerufen und die Unterstützung von über 20 weiteren eher unbekannten kleinen Gruppierungen aus ganz Deutschland angeführt. In die Organisation der Anmeldungen am 20. März ist u.a. die rechtsextreme Gruppierung „Patriotic Opposition Europe“ eingebunden , welche auf der großen verschwörungsideologischen Demonstration am 01. August 2020 gemeinsam mit der seither nicht mehr in Erscheinung getretenen Gruppe „Corona Rebellen Berlin“ (ebenfalls auf den Unterstützerliste für den 20. März) einen Lautsprecherwagen stellte.

Aufmarsch von Reichsbürgern am 09.11.2019 in Berlin – Foto:Berlin gegen Nazis

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin – MBR schreibt in ihrer aktuellen Einschätzung zum 20.März u.a.:

Insgesamt handelt es sich bei dem aufrufenden Bündnis um einen Zusammenschluss von Kleinstgruppierungen und Labels, die in dieser Form noch nie außerhalb der online-Welt in Erscheinung getreten sind und hinter denen sich vermutlich mehrheitlich Einzelpersonen verbergen. Ihre Mobilisierungskraft muss als begrenzt bewertet werden. Eine rechtsextreme Gruppierung aus Nordrhein-Westfalen hat sich mit einem Reisebus angekündigt. (…)

Wie groß ist die Mobilisierung nach Berlin?

Die Erfahrungen der vergangenen Monate zeigen, dass für Mobilisierungsdynamiken die letzten Tage vor dem jeweiligen Termin ausschlaggebend sind. Aktuell wurde ein von der Stadt Kassel erlassenes Verbot der „Querdenken“-Veranstaltung vom Verwaltungsgericht aufgehoben. Sollten die Behörden dort in die nächste Instanz gehen und Erfolg haben, könnte bei einem Verbot möglicherweise Berlin als Ausweichort angesteuert werden.

In dieser Woche wurde bekannt, dass sächsische Rechtsextreme die Veranstaltungen in Berlin unterstützen wollen. Seit Wochen besteht das Angebot einer bundesweiten Busanreise für den 20. März von der Initiative #honkforhope, die in der Vergangenheit die Anreisen zu den großen verschwörungsideologischen Versammlungen in Berlin unterstützte. Allerdings gab es solche Angebote auch zu kleineren, regionalen Aktionen wie zuletzt im Januar 2021 zu einer Reichsbürger-Kundgebung in Berlin, zu der lediglich eine geringe zweistellige Anzahl an Teilnehmenden erschien. Aus dem bloßen Angebot einer Anreiseunterstützung lässt sich insofern keine seriöse Einschätzung der Versammlungsgröße ableiten.

Die neugegründete rechtsextreme Gruppierung „Freie Sachsen“ mobilisiert ebenfalls nach Berlin und will einen Autokorso nach Berlin durchführen. Die Gruppe „Freie Sachsen“ hat sich Anfang März gegründet. Im Vorstand sind Funktionäre von NPD und „Pro Chemnitz“. Ein Mitinitiator von #honkforhope ist stellvertretender Vorsitzender dieses Zusammenschlusses. (3)

Ob dieser Zusammenschluss außerhalb Sachsens über Mobilisierungspotential verfügt, muss sich noch zeigen. Dennoch ist durch diese Unterstützung zumindest eine größere Teilnehmendenzahl denkbar. Diese könnte letztlich sogar ausschlaggebend sein, denn in den vergangenen Wochen fiel das Bündnis der Organisatoren zum 20. März vor allem durch Distanzierungen, insbesondere von Personen aus dem Hooliganspektrum, sowie durch Streitigkeiten in sozialen Netzwerken auf. Eine der ursprünglichen Reichsbürger-Gruppierungen mobilisiert bereits zu einem anderen Datum.

Aus dieser Gemengelage lässt sich eine verlässliche Prognose der Teilnehmendenzahlen für kommenden Samstag nur schwer herleiten. Die ursprünglichen Organisatoren verfügen über wenig Mobilisierungspotential oder sind gänzlich unbekannt, Protagonisten der verschwörungsideologischen „Corona-Proteste“ rufen zu anderen Veranstaltungen auf, jedoch sympathisieren Teile dieser Bewegung mit den Inhalten der Reichsbürgerszene, der rechtsextreme Zusammenschluss aus Sachsen trat bislang noch nicht in Berlin in Erscheinung. Realistisch erscheinen am kommenden Samstag insofern Zahlen im niedrigen bis mittleren dreistelligen Bereich.

MBR BERLIN 18.03.21

Routen und Kundgebungsorte

(Stand Anmeldungen 19.03.2021)

  • 7.00-11.00 Uhr rechtsextremer Autokorso angemeldet von Kaden Reisen (aus Plauen) individuelle Anreise mit Trefforten an den Autobahnen aus Sachsen. Treffen die angegebenen Zeiten an den Treffpunkten in Sachsen zu, sammeln sich die Teilnehmenden nicht vor 8:30 Uhr am Sammelpunkt vor Berlin am Wildau A10 Center in Zeuthen.

->in Berlin angemeldete Route: (in Zeuthen) Seestr., Zeuthener Str., (in Berlin )Adlergestell, Kablower Weg, Dahmestr., Schulzendorfer Str., Buntzelstr., Rchterstr., Am Falkenberg, Grünauer Str., Köpenicker Str., Schönefelder Chaussee, Wegedornstr., Rudower Str., Neudecker Weg, August-Fröhlich-Str., Kanalstr., Stubenrauchstr., Neuköllner Str., Rudower Str., Buschkrugallee, Blaschkoallee, Gradestr., Ullsteinstr., Tempelhofer Damm, Mehringdamm, Hallesches Ufer, Reichspietschufer, Klingelhöferstr., Hofjägerallee, Großer Stern, Straße des 17.Juni, Platz des 18.März

  • 09.00-22.00 Uhr Aufmarsch von Reichsbürgern und Rechtsextremen

->Route: Platz des 18.März, Straße des 17.Juni, Yitzhak-Rabin-Str., Heinrich-von-Gagern-Str., Paul Löbe Allee, Platz der Republik (Anmeldung zeitlich von 13 Uhr auf 9 Uhr vorgezogen – Stand 09.03.) wahrscheinlich mit langer Abschlusskundgebung am Platz der Republik

  • 9.30 Uhr GEGENPROTEST in Kreuzberg, Hallesches Ufer/Wilhelmstr.
  • 10.30 Uhr GEGENPROTEST „Geradedenken“, Pariser Platz
  • 10.30 Uhr GEGENPROTEST, Friedrichstraße/Unter den Linden

->Route: Friedrichstr., Französische Str, Glinkastr., Jägerstr., Mauerstr., Hannah-Arendt-Str.-Eberstr., Endpunkt Kreuzung Behrensstr.

  • 11.00 – 13.00 Uhr, rechtsextremer Autokorso, Startort Straße des 17.Juni

-> Route: Straße des 17. Juni, Großer Stern, Spreeweg, Paulstr., Alt-Moabit, Invalidenstr., Hessische Str., Hannoversche Str., Torstr., Karl–Liebknecht-Str.,  Spandauer Str.,  Grunerstraße, Leipziger Str. Postdamer Str., Scharounstr. , Herbert-von-Karajan-Str., Tiergartenstr., Hofjägerallee, Großer Stern, Straße des 17.Juni

  • 11.00 – 20.00 Uhr Kundgebung (wahrscheinlich Reichsbürger-Spektrum), Unter den Linden 61 (Russische Botschaft)
  • 12.00 Uhr GEGENPROTEST – Reptiloider Fahrradkorso, ab Rosa-Luxemburg-Platz mehrere Runden durch das Regierungsviertel und zurück

ursprüngliche Anmeldungen:

  • ABGESAGT (Stand 09.03.) +++ 11.00- 13 Uhr, Aufmarsch – Route: Schadowstr./Unter den Linden, Unter den Linden, Zwischenkundgebung Russische Botschaft, Unter den Linden, Glinkastr., Behrenstr., Ebertstr. , Platz des 18.März
  • ABGESAGT (STAND 9.03.) +++ 13.00-22.00 Uhr gemeinsame Kundgebung von Reichsbürgergruppierungen und rechtsextremen Gruppierungen auf dem Platz der Republik

Änderungen sind möglich. Aktuelle Informationen auch auf Twitter Hashtag #b2003