Proteste gegen rechtspopulistische Demonstration im Regierungsviertel

Samstag, 11.12.2021,14.30 Uhr, Washingtonplatz/Simsonweg- Es besteht eine Anmeldung für Demonstration aus dem rechtspopulistischen Spektrum mit einer Route durch das Regierungsviertel. Es gibt mehrere Gegenprotestanmeldungen. Beitragsfoto: Berlin gegen Nazis

Am Samstag ist von 15.00 – 18.00 Uhr eine Versammlung mit dem Motto „Ja zur Freiheit, nein zur Impfpflicht Jugend steht auf – Impfstreik Deutschland“ von der Jungen Alternative für Deutschland mit 500 Personen angemeldet. Beworben wird momentan der Washingtonplatz als Startort. Ob dort eine Kundgebung abgehalten wird oder auch eine Demonstration auf einem angemeldeten Rundkurs durch das Regierungsviertel stattfindet, ist bisher unklar.

Die Versammlung wird seit Montag vorwiegend auf Messenger Diensten und Social Media Plattformen beworben. Es handelt sich um einen Aufruf mit sehr kurzem Vorlauf mit bundesweiter Ausrichtung. In den letzten über 1,5 Jahren hatten rechtsoffene und verschwörungsideologische Aufrufe nach Berlin häufig sehr kurze Mobilisierungszeiten. Zuletzt scheiterten die Berliner Gruppierungen aus diesem Spektrum am 4.12. mit einer breiten Mobilisierung nach Berlin, u.a. da sich die Proteste dieses Spektrums derzeit regionalisiert haben und Berlin nicht im Fokus stand. (weitergehende Informationen)

In welchem Kontext die Anmeldung der Jugendorganisation der AFD am Samstag zu den verschwörungsideologischen Mobilisierungen nach Berlin steht, hat die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin – MBR in in einem Interview mit dem Podcast „Rote Brause – neues deutschland“ ausgeführt, dort heißt es u.a.:

(…) Unabhängig davon ist mit dem Rückzug bundesweit relevanter Akteure bzw. der Regionalisierung von Protesten ein Vakuum entstanden. Die Ansprüche, dieses Vakuum zu besetzen, werden sichtbarer. In diesem Kontext ist die für Samstag angekündigte Versammlung der Jungen Alternative zu verstehen. Die Jugendorganisation der AfD lotet anlässlich der sich abzeichnenden Impflicht aus, inwiefern sich für sie neue Möglichkeiten ergeben, den Protesten ihren Stempel aufzudrücken. Sie stützen sich dabei erwartungsgemäß auf die Inszenierung als Verteidiger_innen von Grundrechten – eine Strategie, die auch die AfD selbst verfolgt. Auch der Berliner Landesverband der AfD hat in einer für den 9.12. kurzfristig als „Lichterkette für Impffreiheit“ beworbenen Veranstaltung versucht, dieses Thema zu besetzen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern es der AfD und ihrer Jugendorganisation gelingt, die sich regional verstetigten Protestmilieus unter dieser Klammer wieder nach Berlin zu mobilisieren.

Trotz punktueller Überschneidungen ist die verschwörungsideologische Pandemieleugner_innenszene und auch Teile ideologisch motivierter Impfgegner_innen durchaus von Junger Alternative und AfD abzugrenzen. Diese hat sich beständig radikalisiert. Für nicht wenige aus dieser Szene scheinen nicht-konfrontative Möglichkeiten des Protestes ausgeschöpft, um ihren Forderungen politisch Ausdruck zu verleihen. Sie setzen daher zunehmend auf Bedrohungsszenarien und gewaltförmige Formen. Zudem kapseln sie sich zunehmend in geschlossenen Vorstellungs- und Kommunikationsräumen ab und sind für einen faktenbasierten Diskurs kaum mehr zugänglich.

Rote Brause 10.12.21

Gegenproteste

Die Initiative „Geradedenken“ protestiert seit dem Herbst 2020 regelmäßig gegen verschwörungsideologische Versammlungen in Berlin, zuletzt am 4. Dezember am Moritzplatz in Kreuzberg. Insbesondere bei den großen verschwörungideologischen Mobilisierungen setzte „Geradedenken“ wichtige Zeichen des Widerspruchs mit kleinen Kundgebungen an zentralen Orten oder organisierte Gegenprotest-Raves.

Das Berliner Bündnis gegen Rechts ein Zusammenschluss von Vereinen, Verbänden und linken sowie antifaschistischen Gruppen, ruft zum Gegenprotest im Simsonweg an der Demonstrationsroute auf und kündigt eine antifaschistische Demonstration von dort zum Washingtonplatz an, um den Protest bei der Abschlusskundgebung der rechtspopulistischen Demonstration fortzusetzen. Diese Proteste organisiert das Bündnis gemeinsam mit Aufstehen gegen Rassismus, ein weiteres seit 2016 bestehendes bundesweites Bündnis aus vielen engagierten Einzelpersonen, zivilgesellschaftlichen Initiativen, Parteien, Verbänden, Gewerkschaften und antifaschistischen Gruppen.

Routen und Kundgebungsorte

(Stand Anmeldungen/Informationen 11.12.2021 – Änderungen möglich)

  • 14.30 Uhr Gegenprotest von „Geradedenken“, Washingtonplatz (der genaue Ort auf dem Platz ist noch nicht bekannt)
  • 15.00 – 18.00 Uhr rechtspopulistische Kundgebung Washingtonplatz, wahrscheinlich mit anschließender Demonstration durch das Regierungsviertel ab 16 uhr

->Route: Washingtonplatz – Rahel-Hirsch-Str. – Moltkebrücke – Willy-Brandt-Str. – Bundeskanzleramt – Heinrich-von-Gagern-Str. – Scheidemannstr. – Dorotheenstr. – Wilhelmstr. – Luisenstr. – Karlplatz – Reinhardtstr. – Kapelle-Ufer – Hugo-Preuß-Brücke – Rahel-Hirsch-Str. – Washingtonplatz

  • 15.30 Uhr Gegenprotest von Berliner Bündnis gegen Rechts & Aufstehen gegen Rassismus, Simsonweg zwischen Mahnmal der Ermordeten Siniti und Roma Eurpas und Scheidemannstr.
  • 16.00 Uhr (bzw. sobald die rechtspopulistische Demonstration vorbeigezogen ist) Demonstration von Berliner Bündnis gegen Rechts & Aufstehen gegen Rassismus zum Washingtonplatz

->Route: Scheidemannstr.- Heinrich-von-Gager-Str., Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Str., Rahel-Hirsch-Str.- Ella-Trebe-Str.