Update 07.12.22 -17.30 Uhr +++ Die Route der verschwörungsideologischen Demonstration durch Mitte – nach unseren telefonisch eingeholten Informationen – liegt östlich der Großen Hamburger Str.. In der Versammlungsdatenbank steht sie erst wenige Stunden vor Beginn der Versammlung
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Gegenproteste zum Schutz von Mahnmalen in Mitte
Am 07.12. sind erneut präventiv zwei Gegenproteste im Kiez angemeldet, obwohl die Route der verschwörungsideologischen Demonstration noch nicht bekannt ist. Diese Demonstration führt seit Wochen mittwochs durch die Spandauer Vorstadt( liegt in Mitte nicht in Spandau) bzw. Teile des ehemaligen Scheunenviertels. (Zur Geschichte des Viertel – Wikipedia)
Die Omas gegen Rechts Berlin stehen am 7.12. ab 18.30 Uhr erneut am Mahnmal Deportationssammellager in der Großen Hamburger Straße. Am 9. November war die dort lang geplante Gedenkmahnwache der Omas gegen Rechts zum Gegenprotest umfunktioniert worden und auch am 23. und 30.11. intervenierten die Omas gegen Rechts Berlin.
Die SPD Alexanderplatz (Abteilung der SPD Mitte) rief am 30.11. zum Gegenprotest am Koppenplatz/ Auguststraße und zum Schutz für das Denkmal „Der verlassene Raum“ auf. In ihrem Aufruf wiesen sie zudem daraufhin, dass die verschwörungsideologische Demonstration durch eine Gegend zieht in der unzählige Stolpersteine an die Deportationen von Jüd_innen und Juden erinnern. Am 07. Dezember haben sie in der Rosenthaler Straße/Sophienstraße ihre Kundgebung ab 18.30 Uhr angemeldet.
Hintergründe November 2022
Eine Demonstration der verschwörungsideologischen Gruppierung „Freie Geister“ sollte am 9. November – Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 – am jüdischen Friedhof und dem dortigen Mahnmal Deportationssammellager in der Großen Hamburger Straße in Mitte vorbei ziehen. An diesem Ort waren zeitgleich mehrere Gedenkveranstaltungen angemeldet. (Informationsartikel zum 9.11.2022) Entsprechend war die aufmerksame lokale Zivilgesellschaft alarmiert, denn zu den Zielen auf den Routen, der seit Monaten in Mitte stattfindenden Demonstrationen der Gruppierung „Freie Geister“, gehörten Medienhäuser, Kliniken und die Wohnung eines Bundesministers. Man übte sich immer wieder in Feindmarkierungen und der Strategie größtmöglicher Provokationen.
Die Auftaktkundgebung am 9. November am Alexanderplatz wurde dann von „Freie Geister“ u.a. mit geschichtsrevisionistischen Ausführungen über den 9.November eröffnet, welcher nur eine Bedeutung aufgrund des Mauerfalls 1989 habe. Wörtlich fügte der Redner hinzu: „Es darf nicht weiter geschehen, dass unsere Kinder mit einem Schuldner-Hemd durch die Gegend laufen. Nur weil von Oben gewollt wird, dass dieses Datum irgendeine andere Bedeutung hat.“(Quelle: Report_Antisem Twitter )
Trotz Protestschreiben an Politik & Verwaltung aus der Zivilgesellschaft am 8. November und einer daraus resultierenden Routenänderung am Vormittag des 9. Novembers war bis zur Zwischenkundgebung der verschwörungsideologischen Demonstration auf dem Hackeschen Markt gegen 19.30 Uhr nicht klar, ob diese Demonstration tatsächlich durch die Große Hamburger Straße ziehen würde. Am Nachmittag war die Demonstrationsroute offenbar erneut geändert worden, diese aktuelle Route wurde aber nicht in der Versammlungsdatenbank Berlin veröffentlicht oder auf anderen Kanälen kommuniziert. (BGNLive 9.11.2022 Twitter).
In der Folgewoche am 16.11. lief die verschwörungsideolgische Demonstration erneut durch die Spandauer Vorstadt in Mitte und auf einem anderen Teilstück der Großen Hamburger Str..
Zwei Wochen nach dem 9. November am 23.11. starteten „Freie Geister“ einen erneuten Versuch auf dem Teilstück der Großen Hamburger Str. zu laufen, auf dem der jüdische Friedhof und das Mahnmal liegen. Zwei kurzfristig angemeldete Gegenproteste konnten dies verhindern. Die Route der verschwörungsideologischen Demonstration wurde leicht geändert.
Am 30.11. lag die Route der verschwörungsideologischen Demonstration durch Mitte östlich der Großen Hamburger Str.. Die Zwei Gegenproteste zum Schutz von Mahnmalen zogen kurzfristig an die Route um und es gab eine zusätzliche Eilversammlung am Alexanderplatz. Ausführliche Informationen zum 30.11. hier.
weitere Hintergründe zur Gruppierung „Freie Geister“
Bei den Demonstrationen von „Freie Geister“ handelt es sich nicht um durchschnittliche verschwörungsideologische Demonstrationen mit entsprechenden Narrativen. Es gab bereits zum Beginn ihrer „Montagsdemonstrationen“ organisatorische Verbindungen zu Rechtsextremen. Ursprünglich wurden die Demonstrationen, die aktuell über die Telegramkanäle „Freie Geister“ und „Alexanderplatz – wir zusammen“ beworben werden, von der rechtsextremen Gruppierung „Patriotic Opposition Europe“ (weitere Infos zu POE) organisiert, an der Ende Januar eine vierstellige Anzahl an Personen teilnahm. Am 17.02.22 verabschiedete sich „POE“ aufgrund angeblicher Diffamierungen der „Massenmedien“ mit einem Statement von der Organisation der Demonstration vom Alexanderplatz. Diese „Montagsdemonstration“ wurde nun maßgeblich von „Freie Geister“ fortgeführt, nachdem man vorher zur Organisation u.a mit Technik beisteuerte. Die Beteiligung sank bis zum Sommer von mehreren hundert auf einige Dutzend ab. Seit dem Spätsommer meldete die Gruppierung ihre wöchentliche Montagsdemonstrationen häufiger kurzfristig auf den Mittwoch um. Ab Anfang November soll sie – laut Daueranmeldung bis Mai 2023 – mittwochs stattfinden.
Zuletzt ist der Souveränismus ( was ist Souveränismus?) zum zentralen Narrativ der Demonstration von „Freie Geister“ geworden. „Freie Geister“ wirbt – digital und am Frontbanner der Demonstration – seit einigen Wochen mit dem Slogan „Frieden, Freiheit,Souveränität“, rassistische und reichsbürgerliche Inhalte auf ihren Demonstrationen nehmen zu. Auch bei einem Reichsbürgeraufmarsch von „Widerstand für die Freiheit (WfdF)“ am 26. Februar 2022 stellte „Freie Geister“ die Technik. Eine Person der Gruppierung WfdF hielt bei den „Montagsdemonstrationen“ von „Freie Geister“ auch Redebeiträge im Themenbereich der Reichsbürgernarrative. Zuletzt kamen zu den „Mittwochsdemonstrationen“ von „Freie Geister“ 50-150 Personen.
„Freie Geister“ organisierte ursprünglich seit August 2021 und bis heute regelmäßig sehr kleine Autokorsos im Stadtgebiet. Die Gruppierung ist eine Abspaltung der verschwörungsideologischen Gruppierung „Autokorso Berlin“. Die Aktionsform dieser Autokorsos hat die MBR Berlin im Demokratiebericht Marzahn-Hellerdorf 2021 ausführlich beschrieben. Die Aktionsform hatte ihren Ursprung im Rahmen von Versammlungen des flüchtigen Rechtsextremen Attila Hildmann im Frühsommer 2020. Ein Protagonist von „Freie Geister“ ist seit diesen Versammlungen am Lustgarten aktiv und gehörte zu einem Personenkreis, welcher die Aktionsform Autokorso nach Versammlungsverboten für Hildmann im Sommer 2020 weiterführte und dauerhaft in Berlin etablierte.
Routen und Kundgebungsorte, Mittwoch – 07.12.2022
(Stand Anmeldungen/Informationen 07.12.2022– 13.00 Uhr Änderungen möglich)
Hinweise: Die hier aufgeführten Informationen von Berlin gegen Nazis haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie basieren auf der öffentlichen Versammlungsdatenbank des Landes Berlin sowie Zusatzinformationen aus eigener Recherche. Die Informationen zu Versammlungen können von der Versammlungsdatenbank abweichen, da Berlin gegen Nazis häufig aktuellere Informationen bereitstellt oder spezifische Informationen in der Versammlungsdatenbank nicht angezeigt werden. Aktuelle Änderungen gegenüber den hier aufgeführten Informationen sind möglich. Wir aktualisieren unsere Informationen bei neuen Entwicklungen.
Gegenproteste
- 18.30 Uhr, Große Hamburger Str. 24-26 (Mahnmal Deportationssammellager in Berlin), Kundgebung von Omas gegen Rechts Berlin
- 18.30 Uhr, Sophienstr./ Rosenthaler Str., Kundgebung von SPD Alexanderplatz
verschwörungsideologische Demonstration
- 17.00 – 23.00 Uhr, Alexanderplatz/Weltzeituhr (läuft normalerweise 18.30 Uhr los) Demonstration von „Freie Geister“ mit dem Motto „Für Frieden Freiheit Souveränität und Selbstbestimmung gehen die Freien Geister 4Gs – Alexanderplatz ?️ Wir zusammen Spazierengegen: – für den zusammenhalt in der Gesellschaft – für unsere Kinder und deren Zukunft – für Frieden auf DER ganzen WELT – gegen die Berufsbezogenene / allgemein Impfpflicht – gegen die Inflation und Wirtschaftskrise in unserem Land! WIR WOLLEN DEUTSCHLAND NICHT GEGEN DIE WAND FAHREN SEHEN! angemeldet für 250 Personen
–>Route:Alexanderplatz/Dircksenstr. – Rathausstr. – Spandauer Str. – Anna-Louisa-Karsch-Str. – An der Spandauer Brücke – An der Spandauer Brücke/Hackescher Markt (ZK) – Rosenthaler Str. – Neue Schönhauser Str. – Münzstr. – Memhardstr. – Alexanderstr. – Otto-Braun-Str. – Grunerstr. – Dircksenstr. – Alexanderplatz/Dircksenstr.
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Beitragsfotos: Omas gegen Rechts Berlin, 30.11.2022