Zum zweiten Mal nach dem 10. Oktober soll ein verschwörungsideologischer Schweigemarsch durch Berlin ziehen. Im Oktober lief eine vierstellige Anzahl an Personen vom Adenauerplatz in Charlottenburg in die Stadtmitte. Am 22. November soll es die zweite Ausgabe vom S Bornholmer Straße in Pankow durch den Prenzlauer Berg bis zum Brandenburger Tor geben.
Gegenproteste
Anwohner_innen und lokale Initiativen von Engagierten der Pankower Zivilgesellschaft wollen den Schweigemarsch nicht unkommentiert durch ihren Kiez laufen lassen und rufen daher zu einer Kundgebung „Abstand halten gegen Rechts“ an der Kreuzung Wisbyer Straße/ Schönhauser Allee ab 12 Uhr auf. Diese Anmeldung ist insbesondere auch als Angebot an die Nachbarschaft gerichtet, um sich über die verschwörungsideologischen Versammlungen insgesamt austauschen zu können.
Ein Bündnis aus linken, antifaschistischen Initiativen und Jugendgruppen mobilisiert bereits im Vorfeld zu einer „Aufklärungsdemonstration“ durch den Kiez, die am Freitag um 18 Uhr im Mauerpark startet. Zudem gibt es Flyeraktionen, die Informationen über den Schweigemarsch am Sonntag in den betroffenen Straßen verteilen.
Eine weitere Gruppe von Engagierten, die bereits im Sommer Proteste in Mitte initiiert haben, ruft für Sonntag ab 11.30 Uhr zu einer Gegenprotestkundgebung an der Danziger Straße/ Prenzlauer Allee auf.
Einschätzung
Am Gewaltpotential und der inhaltlichen Ausrichtung des gesamten verschwörungsideologischen Spektrums ist nach dem 29. August in Berlin und dem 7. November in Leipzig, und vor der allgemein großen Mobilisierungen nach Berlin kein Zweifel angebracht. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin – MBR hat dies in einem kürzlich erschienen Interview mit der Berliner Zeitung unter dem Titel „Diese Demonstrationen tragen zu einer Normalisierung des Antisemitismus bei“ ausgeführt. Auch im die im Vorfeld des 29. August erschienene Einschätzung und zwei Radiointerviews vor und nach dem 18. November ordnen das Geschehen ausführlich ein.
Am 22. November ist nach dem ersten Schweigemarsch am 10. Oktober allerdings mit einem – vom Ausdruck her – ruhigeren Verlauf zu rechnen. Das Konzept des Schweigemarsches ist es, Abstände einzuhalten und MNS zu tragen, ohne Plakate und Reden. Damit soll zugleich die Verschwörungserzählung vom Ende der Meinungsfreiheit und einer angeblichen Corona-Diktatur symbolisch ausgedrückt werden, da man gezwungen sei, die staatlichen Regeln zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie einzuhalten. Dieses Konzept sagt nicht allen verschwörungsideologischen Spektren zu. Nach dem gewaltförmigen Verlauf des 18. November ist es aber auch möglich, dass von den Teilnehmenden am Schweigemarsch das beschriebene Konzept ignoriert wird und die Anmeldung nur der Anlass zur Versammlung ist, die dann in den bekannten Formen abläuft.
Routen und Kundgebungsorte – 22.11.2020
(Stand 19.11.2020)
- 11.30 Uhr GEGENPROTEST Danziger Straße/Prenzlauer Allee „Queerdenken“
- 12.00 Uhr GEGENPROTEST – Anwohner*innen-Kundgebung „Abstand halten gegen Rechts“, Wisbyer Straße/Schönhauser Allee
- 12.00-16.00 verschwörungsideologischer „Schweigemarsch“
Route: S Bornholmer Straße, Bornholmer Straße, Schönhauser Allee, Danziger Straße, Greifswalder Straße, Otto-Braun-Straße, Abschlusskundgebung Alexanderstraße
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