Proteste gegen verschwörungsideologische „Montagsdemonstrationen“ IX – 7.03.2022

UPDATE +++ Montag, 07.03.22, ab 17.00 Uhr - Seit Mitte Dezember gibt es Proteste gegen Verschwörungsideologien in den Berliner Bezirken. Dieser Artikel informiert über diese Proteste gegen die verschwörungsideologischen Montagsmobilisierungen und bietet einige Hintergrundinformationen.

Hintergründe & Analysen

Die Anwohner_innen, Initiativen und Bündnisse aus der Berliner Zivilgesellschaft reagieren mit ihren Kundgebungen auf zumeist unangemeldete Versammlungen aus dem verschwörungsideologischen und dem rechtsextremen Spektrum, die seit dem Jahresbeginn in allen Berliner Bezirken Zulauf haben. Diese Demonstrationen werden von den organisierenden Personen bundesweit und auch in Berlin als „Spaziergänge“ bezeichnet und damit bewusst entpolitisiert. Es ist die Kopie einer älteren Strategie von rechtsextremen Gruppierungen. Bereits die rechtsextremen Bärgida-Aufmärsche an Montagen von 2015-2020 in Berlin nutzten „Abendspaziergang“ als Motto und damit eine Selbstverharmlosungsstrategie übernommen von Pegida. Die Arbeitsstelle Rechtsextremismus bei Miteinander e.V. in Magdeburg erläutert in einem Beitrag aus dem Dezember warum dieser Begriff verwendet wird:

1. Es geht um die Ansprache von Menschen, die sich selbst als unpolitisch verstehen bzw. sich nicht im politischen Raum bewegen. Eine Teilnahme an „Spaziergängen“ ist für diese mit weniger Hürden verbunden als die Teilnahme an einer Demonstration.

2. Es geht darum, Spontanität und Agilität des Protests zu suggerieren: Scheinbar spontan kommen die Menschen aufgrund kurzfristiger Ankündigungen in den sozialen Netzwerken zu einem „Spaziergang“ zusammen. Vermittelt werden soll der Eindruck einer Massenrevolte.

3. Es geht um Selbstverharmlosung: Obwohl zumeist von Netzwerken der extremen Rechten organisiert und/oder inhaltlich von ihnen geprägt, vermittelt der Begriff „Spaziergang“ eine friedvolle Freizeitbeschäftigung.

4. Es geht um eine Anknüpfung an Wenderfahrungen und DDR-Opposition. Als „Spaziergang“ bezeichneten z.B. Umweltgruppen aus der DDR ihre Versuche, kollektiv auf die Verschmutzung von Flüssen aufmerksam zu machen.

Spaziergang: eine kleine politische Etymologie, Miteinander e.V., 21.12.2021

In einer Analyse der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin – MBR vom 7. Februar mit dem Titel „Beobachtungen zu den sogenannten „Montagsspaziergängen“ in Berlin“ werden die Versammlungen wie folgt eingeordnet.:

Das Milieu der Menschen, die an den „Spaziergängen“ teilnehmen, ist äußerst heterogen und scheint unterschiedlich motiviert zu sein. Das Spektrum reicht von Impfgegner_innen, alternativen und esoterischen Milieus, Anhänger_innen der Lebensreformbewegung über Teilnehmer_innen der „Montagsmahnwachen für den Frieden“ bis hin zu „QAnon“-Gläubigen. Auch Reichsbürger_innen, AfD-Politiker_innen und „traditionelle“ Rechtsextreme wie Aktivist_innen der NPD und des III. Weg sind regelmäßig anwesend und ein akzeptierter, wenn auch in Berlin im bundesweiten Vergleich kleiner Teil der Versammlungen. Als ideologische Klammern dienen Verschwörungserzählungen, Antisemitismus und ein Anti-Elitismus – die Teilnehmenden sehen sich selbst als wahre Repräsentant_innen des „Volkes“ bzw., im Fall der Reichsbürger_innenszene, als legitimen Souverän. Damit tragen auch die „Spaziergänge“ mit ihrer Offenheit und fehlenden Abgrenzung nach Rechts zu einer Normalisierung rechtsextremer Inhalte bei. (…)

Den „Spazierenden“ geht es darum, eine Empörung der gesellschaftlichen „Mitte“ zu inszenieren. Um dieses Ziel zu erreichen, werden auch in Berlin verschiedene Strategien angewandt. (…)

Dass die „Spaziergänge“ in ihrer öffentlichen Außenwirkung zurzeit mit wenigen Transparenten und Schildern auftreten, heißt also nicht, dass es sich um unpolitische Versammlungen handelt. Auch Rufe wie „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung“, „Wir sind das Volk“ oder „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“ müssen nicht zwangsläufig ein Bekenntnis zu Demokratie darstellen. In den Analysen und Medienbeiträgen zu den Protesten sind immer wieder Schwierigkeiten zu beobachten, die kursierenden Narrative politisch einzuordnen – auch, weil rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteur_innen bewusst an begrifflichen Umdeutungen arbeiten und sie in die Proteste einbringen. (…)

Die bisherigen Beobachtungen der „Spaziergänge“ bestätigen in weiten Teilen die Ergebnisse verschiedener Einstellungsstudien, wonach ein konstantes antidemokratisches Sockel-Potenzial in der Mitte der Gesellschaft existiert. Die aktuellen Versammlungen aktivieren und mobilisieren nicht mehr – aber auch nicht weniger – als dieses Potenzial. Klar zu unterscheiden: was ist demokratische Kritik, was ist Instrumentalisierung der Kritik durch Antidemokrat_innen und was sind schlicht absurde Verschwörungserzählungen, ist von zentraler Bedeutung – auch für die Einordnung der „Spaziergänge“.

MBR Berlin 07.02.2022

Mit ca. 3000- 6000 Teilnehmenden auf unterschiedlich großen Versammlungen in den Berliner Bezirken an 20-30 Orten, haben sich die „Montagsdemonstrationen“ seit Mitte Januar auch in Berlin etabliert. Mitte Februar ist ein abebben auf um die 2000 Teilnehmenden zu beobachten.

Die MBR Berlin schreibt in ihrer Aktualisierung der „Beobachtungen“ vom 24.02.:

Ende Januar beteiligten sich in Berlin bei verschiedenen angemeldeten und unangemeldeten Versammlungen noch etwa 5.000 bis 6.000 Personen an den „Montagsspaziergängen“. Zwei Monate nach Beginn der mehrheitlich unangemeldeten „Spaziergänge“ lässt sich feststellen, dass die Teilnehmendenzahlen deutlich zurückgegangen sind und zuletzt noch etwa 2.000 Personen an den verschwörungsideologischen Montagsprotesten teilgenommen haben. Gleichzeitig ist eine erneute Fokussierung auf angemeldete Versammlungen zu beobachten. Als regionale Schwerpunkte haben sich insbesondere Tegel, Mitte, Köpenick und Spandau herausgebildet. Auch wenn vereinzelt noch unangemeldete „Spaziergänge“ im Stadtgebiet durchgeführt werden, scheint diese Aktionsform, der es zumindest zeitweise gelang, das in Berlin nur noch schwer zu motivierende Protestmilieu zu mobilisieren, ausgeschöpft. (…)

Mit den ständig sinkenden Teilnehmendenzahlen wurden jedoch sowohl die Inszenierung einer großen Protestbewegung als auch der gemeinsame „Regelübertritt“ immer schwieriger. Diese Entwicklung ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Von Pankow ausgehend, organisierten immer mehr Anwohner_innen, Initiativen und Bündnisse aus der Berliner Zivilgesellschaft Gegenproteste zu den verschwörungsideologischen Ansammlungen und der sie begleitenden Pandemieleugnung. Dieser berlinweite Widerspruch führte auch zu einer größeren polizeilichen Präsenz und mitunter zum Einschreiten bei unangemeldeten Versammlungen und bei der Nichteinhaltung von Pandemieschutzmaßnahmen. Dass vonseiten der Gegenproteste die Teilnahme rechtsextremer Aktivist_innen und die dort vertretenen demokratiefeindlichen und verschwörungsideologischen Positionen regelmäßig herausgestellt wurden, führte dazu, dass dies auch in den Medien und der Stadtpolitik stärker thematisiert wurde. (…)

MBR Berlin 24.02.22

Das Ziel der meisten „Montagsdemonstrationen“ waren zunächst die Rathäuser, manchmal aber auch bestimmte Kirchen. In manchen Bezirken trifft man sich direkt am Rathaus, in anderen Bezirken bilden S- oder U-Bahnstationen die Startorte für Demonstrationen . In den letzten Wochen gab es montags ab 18 Uhr solche Versammlungen an über 30 Orten der Stadt. Mittlerweile sind die Versammlungen noch dezentraler und weniger zielgerichtet, nicht zuletzt aufgrund der vielen Gegenproteste an den Rathäusern und aufgrund von Polizeieinsätzen gegen die unangemeldeten Demonstrationen.

Bereits seit über 12 Monaten finden an verschiedenen Wochentagen kleine angemeldete Kundgebungen oder unangemeldete Mahnwachen an gleichbleibenden Orten in Berlin statt. Diese Miniversammlungen blieben vielerorts unterhalb der Wahrnehmungsgrenze der Berliner_innen. Anfang Dezember wurden diese teils alten Treffpunkte von Versammlungen aus dem verschwörungsideologischen „stehen auf“ Milieu reaktiviert. Dieser Vorgang lässt sich durch eine Berliner Besonderheit beschreiben: Bei der Gruppierung „Querdenken Berlin“ wurde im Oktober 2020 durch „Querdenken Stuttgart“ das Führungspersonal in Berlin ausgetauscht. (siehe auch: ZDF MAGAZIN ROYALE ) Es gründete sich ein zusätzlicher Zusammenschluss mit dem Namen „Berlin steht auf“. Dieser wurde zum Jahresende 2021 relevant und nimmt eine zentrale Rolle bei der Organisation lokaler „Montagsdemonstrationen“ in Bezirksgruppen über den Messengerdienst Telegram ein. Mit der Umbenennung der Telegramgruppe in „Freie Berliner/Berlin steht auf“ wurde die Verbundenheit mit den bundesweiten „Montagsdemonstrationen“ deutlich, die insbesondere von der sächsischen Gruppierung „Freie Sachsen“ maßgeblich vorangetrieben wurde.

Foto: Berlin gegen Nazis, 17.01.2022

Nicht alle Montagsdemonstrationen werden von „Berlin steht auf“ über Telegram koordiniert. Die angemeldete Demonstration in Tegel z.B. ist unabhängig, zeigt ihre Verbundenheit zu den beschrieben Zusammenhängen jedoch mit dem Frontbanner „Tegel steht auf“.

Seit Ende Januar gibt es – entgegen dem dezentralen Konzept von „Freie Berliner/Berlin steht auf“ ohne Demonstrationsanmeldungen – eine Tendenz zu mehr angemeldeten „Montagsdemonstrationen“ wie in Tegel oder Spandau. Seit Mitte Februar sieht es aus als sei die Zeit der unangemeldeten Demonstrationen vorbei. Auch“Freie Berliner/ Berlin steht auf“ mobilisiert nun vorwiegend zu den wenigen angemeldeten Demonstrationen.

„Montagsdemonstration“ im Zentrum von Berlin, vom 27.12.21 bis 14.02.22 organisiert von Rechtsextremen

Die rechtsextreme Kleinstgruppierung „Patriotic Opposition Europe – POE“ hat an den Montagen ab dem 27.12.21 bis 14.02.22 Demonstrationen zu einem Berliner Medienhaus durchgeführt an denen jeweils eine dreistellige Anzahl in der Hochphase Ende Januar eine vierstellige Anzahl an Personen teilnahm.

„POE“ arbeitete bei ihren „Montagsdemonstrationen“ in Mitte im Januar und Februar mit der Gruppierung „Freie Geister“ zusammen, welche seit dem Spätsommer kleine verschwörungsideologische Autokorsos organisiert und eine Abspaltung der Gruppierung „Autokorso Berlin“ ist. Mitte Januar war ein Streit zwischen der rechtsextremen Gruppierung und den für die „Montagsdemonstrationen“ in Berlin wichtigen verschwörungsideologischen Gruppierung entbrannt, der teilweise öffentlich auf Social Media ausgetragen wurde. Die Auseinandersetzung dreht sich u.a. darum ob „POE“ rechtsextrem ist oder nicht. Am 17.02. verabschiedete sich „POE“ aufgrund angeblicher Diffamierungen der „Massenmedien“ mit einem Statement von der Organisation der Demonstration vom Alexanderplatz. Diese „Montagsdemonstration wird nun maßgeblich von „Freie Geister“ fortgeführt und ist bis Ende August wöchentlich angemeldet.

Gegenprotest-Chronik

Proteste von Anwohner_innen, Initiativen und Bündnissen gegen verschwörungsideologische „Montagsdemonstrationen“ gibt es in Berlin seit dem 20. Dezember 2021. Am 28.Februar erreichten die wöchentliche Gegenproteste die Gesamtzahl von über 100 Protesten in allen 12 Berliner Bezirken:

  • 20.12.2021 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg (Pankow) =2 Proteste in 1 Bezirk
  • 27.12.2021 Gethsemanekirche Prenzlauer Berg (Pankow) = 1 Protest in 1 Bezirk
  • 03.01.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg (Pankow), Rathaus Neukölln und Hermannplatz (Neukölln), Alexanderplatz und Unter den Linden (Mitte) = 6 Proteste in 3 Bezirken
  • 10.01.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg (Pankow), Rathaus Neukölln und Hermannplatz (Neukölln), Alexanderplatz (Mitte), Rathaus Köpenick (Treptow-Köpenick), Rathaus Hellersdorf (Marzahn-Hellersdorf) =7 Proteste in 5 Bezirken
  • 17.01.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg (Pankow), Rathaus Neukölln und Hermannplatz (Neukölln), Alexanderplatz, Rathaus Wedding (Mitte), Rathaus Köpenick (Treptow-Köpenick), Rathaus Tempelhof (Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf) = 9 Proteste in 6 Bezirken
  • 24.01.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg (Pankow), Rathaus Neukölln und Hermannplatz (Neukölln), Alexanderplatz, Unter den Linden, Rathaus Wedding (Mitte), Rathaus Köpenick (Treptow-Köpenick), Rathaus Tempelhof, Rathaus Schöneberg, Rathaus Friedenau (Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf), Rathaus Lichtenberg (Lichtenberg) =13 Proteste in 7 Bezirken
  • 31.01.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg, Antonplatz Weissensee (Pankow), Rathaus Neukölln (Neukölln), Alexanderplatz, Unter den Linden, Rathaus Wedding (Mitte), Rathaus Köpenick (Treptow-Köpenick), Rathaus Tempelhof, Rathaus Friedenau, Rathaus Schöneberg (Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf), Rathaus Lichtenberg (Lichtenberg), Helene-Weigel-Platz Marzahn (Marzahn-Hellersdorf), Wilmersdorfer Str/ Goethestr. (Charlottenburg/WIlmersdorf), Moritzstr. (Spandau), Fahrradkorso vom Prenzlauer Berg über Wedding nach Pankow = 17 Proteste in 10 Bezirken
  • 07.02.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg, Antonplatz Weissensee (Pankow), Rathaus Neukölln (Neukölln), Rathaus Wedding (Mitte), Rathaus Köpenick (Treptow-Köpenick), Rathaus Tempelhof, Rathaus Friedenau, (Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf), Rathaus Lichtenberg (Lichtenberg), Alice-Salomon-Platz Hellersdorf(Marzahn-Hellersdorf), Moritzstr. (Spandau), Marheinekeplatz Kreuzberg, Landsberger Allee Friedrichshain (Friedrichshain-Kreuzberg) = 14 Proteste in 10 Bezirken
  • 14.02.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg, Antonplatz Weissensee, U Eberswalder Str. (Pankow), Rathaus Neukölln (Neukölln), Rathaus Wedding (Mitte), Rathaus Tempelhof, Rathaus Friedenau, Rathaus Schöneberg(Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf), Rathaus Lichtenberg (Lichtenberg) = 11 Proteste in 6 Bezirken
  • 21.02.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg, Antonplatz Weissensee (Pankow), Rathaus Neukölln (Neukölln), Rathaus Wedding, Rosenthaler Platz (Mitte), Rathaus Tempelhof, Rathaus Friedenau, Rathaus Schöneberg(Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf), S Karlshorst/Treskowallee (Lichtenberg), Rathaus Köpenick (Treptow-Köpenick), Teltower Damm (Steglitz-Zehlendorf) = 13 Proteste in 8 Bezirken
  • 28.02.2022 Rathaus Pankow, Gethsemanekirche Prenzlauer Berg, Antonplatz Weissensee (Pankow), Rathaus Neukölln (Neukölln), Rathaus Wedding, Zionskirchstr.(Mitte), Rathaus Tempelhof, (Tempelhof-Schöneberg), Gorkistr./Berliner Str. Tegel (Reinickendorf), S Karlshorst/Treskowallee (Lichtenberg), Klinikum Köpenick (Treptow-Köpenick), Teltower Damm (Steglitz-Zehlendorf), Helene-Weigel-Platz (Marzahn-Hellersdorf) = 12 Proteste in 9 Bezirken

Dauerhafte Online-Positionierungen

Berliner Erklärung: SOLIDARISCH_DENKEN.DE

Seit Anfang Februar haben alle Berliner_innen die Möglichkeit die Proteste gegen die verschwörungsideologischen „Montagsdemonstrationen zu unterstützen und ein Zeichen für Solidarität und gegen Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rechtsextremismus zu setzen, indem sie die Berliner Erklärung unterzeichnen, die von Initiativen, Bündnissen und Organisationen initiiert wurde, die sich an der Organisation der wöchentlichen Proteste beteiligen. Eine super Beteiligungsmöglichkeit und Sichtbarmachung für alle, die aus unterschiedlichen Gründen und unter Pandemiebedingungen nicht vor Ort protestieren können oder wollen.

Demokratie-Erklärung: Gemeinsinn leben. Demokratische Werte schützen.

Am 14.02.22. veröffentlichte die Initiative Gethsemanekiez diese Erklärung für den Kiez, Berlin und das gesamte Bundesgebiet mit 100 Erstunterzeichner_innen aus Kultur, Politik und Zivilgesellschaft.

Weitere lokale Erklärungen in Form von Petitionen in den Berliner Bezirken:

BVV Resolutionen in mehreren Bezirken:

Aktuelle Gegenproteste am 7.03.2022

Prenzlauer Berg (Pankow)

Die Initiative Gethsemanekiez – Gemeinsinn leben. Demokratische Werte schützen (Twitter, Instagram) wehrt sich mit wöchentlichen Kundgebungen vor der Gethsemanekirche in der Stargarder Straße seit dem 20.12.21 gegen die verschwörungsideologische Vereinnahmung des historischen Ortes und die Symbole der friedlichen Revolution in der DDR. Zugleich geht es der Initiative um Zusammenhalt im Kiez in der Covid-Pandemie. Die Initiative hat am 19.12.21 eine Erklärung verabschiedet, die wir hier dokumentieren.

Jede Kundgebung hat ein eigenes Motto, dazu gibt es z.B. Musik vom Posaunenchor der Kirchengemeinde. Am 20.12 wurde die Erklärung präsentiert, am 27.12. wurde den Menschen gedacht, die an Covid gestorben sind, am 03.01 wurden die Wünsche der Nachbarschaft für ein solidarisches 2022 eingesammelt. Am 10.01. berichtete eine Pfarrerin der Gemeinde über Störungen und Pöbeleien in den Kirchenräumen. Diese Kundgebung wurde zudem von der Anwohner_inneninitiative für Zivilcourage – Gegen Rechts aus Mitte unterstützt. Am 17.01. sprach der Kultursenator und stellv. Bürgermeister von Berlin Klaus Lederer und weitere Politiker_innen. Der 24.01. stand im Zeichen einer Rede des Bezirksbürgermeisters und eines Beitrages über die tatsächliche Diktatur in Belarus. Am 31.01. sprach eine Vertreterin der CDU Pankow. Am 07.02. sprach der evangelische Bischof von Berlin und ein Buchhändler aus dem Kiez. Am 14.02. stellte die Initiative ihre „Demokratie-Erklärung“ gemeinsam mit vielen Erstunterstützer_innen vor. Am 21.02. war der Themenschwerpunkt der Kundgebung Antisemitismus. Am 28.02. war das Thema der Krieg gegen die Ukraine. Es sprach u.a. Wolfgang Thierse.

Hintergrund zu diesem Ort: Eines der zentralen Narrative der verschwörungsideologischen Versammlungen ist der angebliche Widerstand gegen eine „Corona-Diktatur“ häufig verbunden mit Verharmlosungen des Nationalsozialismus, mit dem die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-Pandemie verglichen werden. Von Beginn an gibt es aber auch Vergleiche mit der Endphase der DDR und dem eigenen Handeln als friedliche Demokratiebewegung oder Protagonist_innen einer erneuten „Wende“ wie 1989. Am 9. Mai 2020 etwa bestiegen einige Personen den Brunnen der Völkerfreundschaft auf dem Alexanderplatz und hissten eine Deutschlandfahne, um symbolisch an die Demonstrationen im Herbst 1989 am gleichen Ort anzuknüpfen. Zeitgleich kam es am 9. Mai 2020 aus der versammelten Menge um den Brunnen zu Angriffen von rechtsextremen Hooligans auf Polizeieinheiten. Die Gethsemanekirche als zentraler Ort der Oppositionsbewegung in der DDR und bis heute ein politischer Ort für Menschenrechte, hat entsprechende Anziehungskraft auf Personen und Gruppen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum insbesondere aus der direkten Nachbarschaft. Die Initiative Gethsemanekiez nimmt ihnen durch Kundgebungen vor der Kirche seit Wochen diesen symbolträchtigen Ort. Bekannte Personen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum stören jede Woche diese Kundgebung.

Pankow – Rathaus

Den ersten Gegenprotest vor einem Rathaus organisierten am 20.12.21 Anwohner_innen aus Pankow. Sie werden u.a. unterstützt von den Omas gegen Rechts Berlin, die seit 2020 durchgehend gegen verschwörungsideologische Versammlungen protestieren und viele zentrale Proteste mitorganisierten. Auch die Pankower VVN-BdA, die Jusos Pankow und die Initiative Geradedenken.kollektiv unterstützt am Rathaus. Die Omas gegen Rechts Berlin wiederum unterstützen auch bei anderen Kundgebungen mit Redebeiträgen oder ihre Anwesenheit.

Gemeinsam nehmen sie seit dem 03.01. an jedem Montag den unangemeldeten verschwörungsideologischen Demonstrationen erfolgreich das Ziel. Am 17.01. sprach der Bezirksbürgermeister Soeren Benn auf der Kundgebung. Mitte Januar haben sich die Organisierenden zum Bündnis Pankow Solidarisch zusammengeschlossen.

ReinickendorfU Alt-Tegel/ Gorkistraße

Am 17.01. initiierte eine weitere Berliner Omas gegen Rechts Gruppe erstmalig einen Protest gegen die lokale verschwörungsideologische Demonstration. Ein toller Auftakt mit über 80 Teilnehmer_innen und ein wichtiger Zeichen des Widerspruchs.

Bereits seit Wochen nehmen mehrere hundert Personen an der angemeldeten „Montagsdemonstration“ durch Tegel teil. Am 17.01. waren es ca. 900. Mit Unterstützung von Anwohner_innen und von den Bezirks.- bzw. Kreisverbänden der Parteien setzten die Omas gegen Rechts Berlin der Demonstration eine ca. 50 Meter lange Menschenkette an der Gorkistr./Berliner Str. entgegen und machten ihren Widerspruch gegen Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus deutlich. Die 3. Kundgebung am 31.01 war die erste des neuen Reinickendorfer Bündnis mit Omas gegen Rechts Berlin und den Bezirks.- bzw. Kreisverbänden der Parteien: Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen, SPD und FDP Reinickendorf. An der Kundgebung nahmen in der spitze ca, 125 Menschen teil. Das Bündnis hat nun mit weitere Organisationen eine eigene Tegeler Erklärung für Unterstützer_innen veröffentlicht und Fridays for Future Reinickendorf ist dem Bündnis beigetreten. Am 14.02. gab es einen Angriff auf eine 72-jährige Teilnehmer_in des des Gegenprotests. Die SPD Berlin hat dazu eine Pressemitteilung herausgegeben.

Mitte – Neukölln – PankowFriedrichshain – Prenzlauer Berg

Das linke Geradedenken.kollektiv organisiert seit Herbst 2020 Kundgebungen und Raves, häufig inmitten von großen verschwörungsideologischen Versammlungen.Zuletzt am 26.01. am Pariser Platz. Geradedenken war maßgeblich an der erfolgreichen Startphase der Gegenproteste gegen die Montagsdemonstrationen beteiligt und unterstütze schon im Dezember am Rathaus Pankow die Anwohner_innen.

Am 03.Januar organisierten sie eine Kundgebung am Rathaus Neukölln und in Kooperation mit dem Reptiloiden Gegenprotest von „antiverschwurbelte aktion“ mehrere Kundgebungen entlang der Route der bis zum 14.02. von Rechtsextremen organisierten „Montagsdemonstration vom Alexanderplatz zu einem Berliner Medienhaus Unter den Linden. Am 10. /17. und 24. Januar folgten wöchentlich Geradedenken Kundgebungen am Hermannplatz, Unter den Linden und am Alexanderplatz. Am 24.01. und 31.01. wurde die Kundgebung am Alexanderplatz von der SPD Mitte & den Jusos unterstützt. Geradedenken protestiert trotz angekündigter Pause auch am 07.02. weiter und verlegte den Gegenprotest an das Klinikum Friedrichshain, am 14.02. zum U-Bahnhof Eberswalder Str. , am 21.02. an den Rosenthaler Platz und am 28.02. in die Zionskirchstraße. Das Kollektiv unterstützt auch immer wieder andere Kundgebungen.

Routen und Kundgebungsorte, Montag – 07.03.2022

(Stand Anmeldungen/Informationen 07.03.2022 – Änderungen möglich)

Hinweis: Unsere Informationen basieren auf der öffentlichen Versammlungsdatenbank des Landes Berlin, sowie Zusatzinformationen aus eigener Recherche. Unsere Informationen zu Versammlungen können von der Versammlungsdatenbank abweichen, da wir häufig aktuellere Informationen bereitstellen und die Datenbank, z.B. Verbote nicht anzeigt. Gegen begründete Verbote von Versammlungen kann die anmeldende Person eine gerichtliche Klärung in Eilverfahren durch mehrere Instanzen auf dem Rechtsweg bestreiten. Wir aktualisieren unsere Informationen bei neuen Entwicklungen und ausreichender Relevanz der Anmeldungen. Diese Informationen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Gegenproteste

  • 17.00 Uhr Gegenprotest, Antonplatz Weissensee in Pankow
  • 17.30 Uhr Gegenprotest, Rathaus Pankow, vom Bündnis Pankow solidarisch mit Omas gegen Rechts Berlin
  • 17.30 Uhr Gegenprotest, Rathaus Neukölln
  • 18.00 Uhr Gegenprotest, Gethsemanekirche, von Initiative Gethsemanekiez Stargarder Str.Prenzlauer Berg
  • 18.00 Uhr Gegenprotest, Tegel Gorkistr./Berliner Str, u.a. von Omas gegen Rechts Berlin
  • 18.00 Uhr Gegenprotest, S-Karlshorst/Treskowallee (Lichtenberg)

Anmeldungen im Rahmen der „Montagsdemonstrationen“ (angemeldet & unangemeldet)

Stadtzentrum:

  • 18.30 – 21.30 Uhr (angemeldet ab 17.30 Uhr) Demonstration mit Startort Alexanderplatz/Weltzeituhr, bis zum 14.02.22 organisiert von Rechtsextremen –

-> Route: Alexanderplatz (Höhe Dircksenstraße) Dircksenstr., Karl- Liebknecht-Str., Torstr., Schönhauser Allee, Schwedter Str., Kastanienallee, Kastanienallee/Zionskirch- str. (ZK), Kastanienallee, Weinbergsweg, Torstr./Rosenthaler Str. (ZK), Rosenthaler Str., Weinmeisterstr., Münzstr., Memhardstr., Alexanderstr., Grunerstr., Dircksenstr. EP: Alexanderplatz (Höhe Dircksenstraße)

Kurzinfos: Dies ist die 11.Ausgabe dieser Demonstration, bis zum 14.02. organisiert von der rechtsextremen Gruppierung „POE“. 6 Mal gegen ein Medienhaus in Berlin. Am 07.02. wurde eines der größten Krankenhäuser der Stadt im Friedrichshain zum Ziel. Die zwischenzeitlichen Teilnehmendenzahlen dieser Demonstration im Januar im niedrigen 4-stelligen Bereich sind auf eine mittlere 3-stellige Anzahl gesunken. Ab14.02. ging es durch Mitte und Prenzlauer Berg. Am 17.02. verkündete die rechtsextreme Gruppierung „POE“ auf ihrem Social Media Kanal, dass man sich aus der Organisation zurückzieht. Seit dem 18.02. mobilisiert u.a.“berlin steht auf “ zu dieser Anmeldung, die von der Autokorso-Gruppierung „Freie Geister“ weitergeführt wird. Weitere Infos im obigen Text.

Berliner Bezirke:

  • 18.00 Uhr unangemeldete Versammlungen in allen Bezirken /sogenannte „Montagsdemonstrationen bzw. Spaziergänge“ zu den Bezirksrathäusern oder Versammlung vor den Rathäusern.

Kurzinfos: Es gibt seit Dezember 2021 allgemeine Aufrufe aus dem verschwörungsideologischen Spektrum für wöchentliche Versammlungen vor den Bezirksrathäusern & vor dem Roten Rathaus um 18 Uhr, jeweils montags. Aufgerufen wird zu ca.30 Orten im Stadtgebiet. Seit dem 21.02. wird aus dem verschwörungsideologischen Spektrum vorwiegend zu angemeldeten Demonstrationen mobilisiert.Weitere Informationen im obigen Text.

  • 17.00- 21.30 Uhr Demonstration in der Altstadt Spandau

-> Route: Moritzstr.- Carl-Schurz-Str. – Am Juliusturm – Havelstr. – Breite Str. – Markt – Carl-Schurz-Str. – Altstädter Ring – Klosterstr. – Altonaer Str. – Elsflether Weg – Seeburger Str. – Seecktstr. – Krumme Gärten – Seeburger Str. – Klosterstr. – Altstädter Ring – Moritzstr.

Kurzinfos: Diese Demonstration findet seit Anfang Dezember wöchentlich statt . Es nehmen regelmäßig zwischen 100-230 Personen teil. Das Register Spandau hat bei der 2. Ausgabe Vorfälle erfasst.

  • 17.45 – 20.00 Uhr Demonstration in Köpenick

>Route: Schloßplatz – Müggelheimer Str. – Lange Brücke – Köllnischer Platz – Gutenbergstr. – Flemmingstr. – Oberspreestr. – Ottomar-Geschke-Str. – Adolf-Heyden-Str. – Carl-Spindler-Str. – Ernst-Grube-Str. – S-Bhf. Spindlersfeld (ZK) – Adlershofer Str. – Glienicker Str. – Grünauer Str. – Köllnischer Platz – Lange Brücke – Müggelheimer Str. Schloßplatz

Kurzinfos: Im Stammbezirk von „Freie Berliner – Berlin steht auf“ gibt es zum 4.Mal eine angemeldete „Montagsdemonstration“.Dies steht im Widerspruch zum bisherigen Konzept der unangemeldeten „Spaziergänge“ wie sie von „Freie Berliner – Berlin steht auf“ in fast allen Bezirken über Telegramgruppen koordiniert wurden. Am Montag 28.02. wurde die Demonstration zu einem lokalen Krankenhaus geführt. Weitere Informationen im obigen Text.

  • 18:00 -20:00 Uhr Demonstration in Tegel (Reinickendorf),

-> Route: Alt-Tegel 2A, vor dem Ladengeschäft C&A (AK) – Berliner Str. – Borsigpark – Berliner Str. (EK)

Kurzinfos: Demonstration von „Tegel steht auf“. Dies ist die bisher größte wöchentliche Bezirksdemonstration. Weitere Informationen im obigen Text.

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Beitragsfotos: Berlin gegen Nazis, Omas gegen Rechts Berlin, Geradedenken, Lichtblicke, Björn Tielebein, Canan Bayram