Fotografiert und gebaut von June Tomiak und anderen.

Online Engagement und Positionierung in Zeiten von Social Distancing

Engagierte, Bündnisse und Initiativen stehen vor einer besonderen Herausforderung - nicht allein in Berlin. Wir haben ein paar nützliche Hinweise und Ideen, wie Positionierung dennoch sichtbar werden kann.

Aktuell (Stand 2. April 2020) dürfen im öffentlichen Raum nicht mehr als zwei Personen zusammen kommen. Auch im Privaten sind Besuche untersagt, bei denen mehr als zwei Personen sich treffen. Versammlungen und Kundgebungen sind generell verboten und nur in Ausnahmefällen zu genehmigen. Der genaue Wortlaut der Verordnung zur Eindämmung des Corona-Virus in Berlin ist auf der Internetseite des Senats nachzulesen.

Bündnistreffen im virtuellen Raum

Ein Beispiel einer Videokonferenz mit gleichzeitiger gemeinsamer Positionierung: Gesicht zeigen! #ZUSAMMENGEGENRASSISMUS

Neben der Positionierung selbst steht auch die Koordination eben dieser vor immensen Herausforderungen. In aller Munde sind Videochats und Online-Konferenzen. Auch Bündnis-Treffen können so weiterhin regelmäßig stattfinden. Es bleibt wichtig zusammen zu finden und sich auszutauschen. Doch wie kann das jede_r Einzelne von zu Hause aus realisieren? Voraussetzung ist der Zugriff auf einen Laptop oder PC mit Mikrofon/Lautsprecher und einer Kamera. In den meisten Laptops sind diese serienmäßig verbaut. Außerdem ist ein funktionierender Internetzugang unumgänglich. Neben gängigen Anbietern wie Skype existieren auch verschiedene Open-Source Plattformen. Zu nennen wären hier Jitsi, Nextcloud oder Signal. Diese Plattformen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr wenige Daten sammeln und so ein größtmögliches Maß an Privatsphäre bereit halten.

Wenn sich die Bündnispartner_innen auf einen Anbieter und eine Uhrzeit geeinigt haben, wird ein Link zu einem sog. Chatraum erstellt und dieser an alle Teilnehmenden versenden. Jede_r, die und der zum verabredeten Zeitpunkt auf den Link zugreift, trifft sich dann in diesem virtuellen Raum.

Manchmal ist es ratsam, das Bild und auch den Ton auszuschalten (z.B. wenn man gerade nichts aktiv zum Gespräch beiträgt).

So groß die Freude über diese Wiedersehen auch sein mag, so empfehlenswert sind einige Regeln für einen gelungenen Austausch. Da immer nur eine Tonspur übertragen wird, ist es ratsam eine Redeliste zu führen. Auch dass alle stummen Teilnehmer_innen ihre Tonspur stumm schalten, trägt zur allgemeinen Verständigung bei. Wenn die Verbindung hakt, funktioniert die Unterhaltung auch ohne Bild. Ausführlich ist das Ganze noch einmal hier nachzulesen.

Ideen für Online-Aktionen

Bereits vor Covid-19 war es wichtig sich online zu positionieren. Und auch die Mobilisierung zu Protesten und Positionierungen im realen öffentlichen Raum geschah oftmals über das Internet und die Sozialen Medien. Es lohnt sich in Anbetracht der jetzigen Lage daran zu erinnern.

Gedenkort für Burak Bektaş in Berlin-Neukölln

Berlin gegen Nazis hat in der jüngsten Vergangenheit bereits zwei Online-Aktionen begleitet, die sehr erfolgreich waren. Zum Internationalen Tag gegen Rassimus folgten viele dem Aufruf eines breiten Bündnisses sich unter dem Hashtag #ZUSAMMENGEGENRASSISMUS online zu positionieren.

Zum Todestag von Burak Bektaş hat die Initiative zur Auklärung des Mordes an Burak dazu mobilisiert online und individuell zu gedenken. Viele Menschen nutzten als Einzelpersonen die Möglichkeit Blumen am Gedenkort abzulegen und verbreiteten Fotos und Share-Pics unter dem Hashtag #BurakUnvergessen.

Unverzichtbar sind sogenannte Share-Pics, d.h. Bilder, die ihr anderen zum Teilen bereitstellt um sich zu positionieren. Sie erleichtern den Zugang, haben einen Wiedererkennungswert und regen andere zu weiteren kreativen Ideen an.

Außerdem braucht jede Online-Aktion unbedingt einen Hashtag. Der #Hashtag ermöglicht es den Nutzer_innen über die Sozialen Medien ihre Positionierung miteinander zu verbinden und gemeinsam sichtbar zu machen. Alle öffentlich geteilten Inhalte, die den Hashtag enthalten, sind unter eben diesem gelistet.

Erklär-Pic für die Online-Aktion #ZUSAMMENGEGENRASSISMUS

Mit Erklär-Pics lässt sich die ganze Aktion über die eigenen Netzwerke und darüber hinaus verbreiten. Um Reichweite zu generieren, sollte das Vorhaben möglichst breit gestreut werden.

Eine Idee die Positionierung über Bilder mit einem Zeichen im öffentlichen Raum zu verbinden ist Kreide. Es wäre denkbar, dass viele Einzelne an unterschiedlichen Orten eine Botschaft mit einfacher Straßenkreide oder Sprühkreide auf dem Gehweg hinterlassen und abfotografieren. Die Fotos werden dann zusammengetragen und beispielsweise über Instagram als Story verbreitet. Es ist wichtig, dass die Kreide sich nach dem ersten Regen wieder von selbst verflüchtigt. Auch unsere Toolbox hält einige Anregungen bereit. Macht ein Brainstorming, was euch an Onlineaktionsmaterial über ein Schild hinaus einfällt und zu eurem Thema passt. Vom Papierflieger zum…. – vieles ist denkbar! Aber beachtet in diesen Tagen immer auch die Einschränkungen, wie sie in der Verordnung zur Eindämmung des Corona-Virus in Berlin festgeschrieben sind.

Livestream

Beim Streaming sind die Technik und das Setting nicht zu Unterschätzen.

Neben der Nutzung von Bildern, ist mittlerweile auch das Livestreaming von Veranstaltungen oder zum Teil auch von Aktionen eine Möglichkeit geworden virtuelle Präsenz zu entfalten. Stärker als bei den vorher beschriebenen Darstellungsmöglichkeiten ist hier auf die technische und organisatorische Vorbereitung zu achten und einem klaren inhaltlichen Konzept zu folgen. Was kann und will ich in einem Livestream zeigen? Welche Plattform eignet sich für meine Zwecke? Und habe ich dafür die entsprechende technische Ausstattung? Mit einem Stativ lassen sich wacklige Bilder zwar vermeiden und so könnte auch das Mobiltelefon als Kamera in Frage kommen, doch zeigt sich dabei oftmals das Problem der schlechten Tonqualität. Besser sind hier eine geeignete Kamera sowie entsprechende Tontechnik.

Sicher seid ihr technisch nicht so aufgestellt wie unsere Partner_innen von der Clubcommission, die mit #Unitedwestream versuchen die Berliner Clubs zu retten. Aber vielleicht kennt ihr jemanden aus eurem Theater im Kiez oder andere Menschen, die euch technisch beraten und helfen können. In jedem Falle sollte das Aufnehmen und die Wiedergabe im Vorfeld geübt werden. Gerade bei Veranstaltungen stellt das Ausschalten eines Streams eine geringere Hürde dar, als das Verlassen eines gut gefüllten Raumes. So ist neben einer angenehmen Bildsprache besonders darauf zu achten, die Inhalte kompakt und nachvollziehbar zu präsentieren.

#Unitedwestream – eine Kampagne der Berliner Clubcommission

Genau wie bei der Online-Positionierung durch Bilder, wird der Stream idealerweise in eine Kampagne eingebettet, im Vorfeld angekündigt und über die zur Verfügung stehenden Informationskanäle beworben. Auch hier bietet sich neben einem gemeinsamen Hashtag die Nutzung von Sharepics an. Entstehen Videos, Streams oder sonstige Online-Positionierungen im eigenen Haus oder auf dem eigenen Balkon, ist es ratsam darauf zu achten, dass der exakte Wohnort nicht erkennbar ist.

Wenn ihr Ideen für Positionierung und Protest habt, meldet euch! Berlin gegen Nazis unterstützt euch gerne in der Vorbereitung und bei der Mobilisierung.