Neonazis mobilisieren gegen Marzahn Pride

Neonazis mobilisieren gegen die Marzahn Pride am 21. Juni mit einem eigenen Aufmarsch. Solidarische Berliner*innen werden dennoch queeres Leben feiern.

Auftakt der Pride Season 2025 in Berlin: Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf ist seit dem 13. Juni Pride Week. Sie endet am Samstag, den 21. Juni, mit der MARZAHN PRIDE. Sie wird 2025 schon zum 6. Mal organisiert, u.a. vom Verein Quarteera, der der Community queerer Migrant*innen v.a. aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion eine Plattform geben will. Die Veranstaltenden in ihrem Aufruf:

„Vor sechs Jahren haben wir zum ersten Mal die Pride in Marzahn veranstaltet. Es war mutig. Es war ein bisschen beängstigend. Aber es war wirklich wichtig. Seitdem haben wir verschiedene Slogans herausgebracht – inspirierend und provokativ, persönlich und politisch. Aber immer aufrichtig. Wir haben uns geoutet, um offen über uns selbst zu sprechen: über unsere Rechte, über unsere Identität, über die Freiheit, wir selbst zu sein.“

Auch 2025 wollen die beteiligten Initiativen gegen die „Verfolgung und Unterdrückung queerer Menschen” auf die Straße gehen. Viele ehrenamtlich Unterstützende sind selbst vor autoritären und queerfeindlichen Regimen geflohen und sehen die Parade auch als solidarisches Zeichen an. Die Pride feiert queeres Leben, wie ein Mitglied der Orga im taz-Interview betont: „Ein Akt der Sichtbarkeit für unsere Community und ein klares Zeichen dafür, dass queere Menschen überall sind, nicht nur in Kreuzkölln.“

Die Marzahn Pride war in der Vergangenheit bereits im Visier von Neonazis. 2023 brachte die Kleinstpartei „Der III. Weg“ queerfeindliche Transparente entlang der Route an, zudem kam es zu Beleidigungen und einer Störaktion bei der Abschlusskundgebung. Dieses Jahr haben Neonazis einen „Gegenprotest“ im Nahbereich der Pride angemeldet, um Teilnehmende einzuschüchtern. Leider keine neue Entwicklung (mehr dazu unten!).

Die Veranstaltungen in Marzahn im Überblick

Freitag, 18:30, Pop-Up-Lounge der Friedrich-Ebert-Stiftung auf dem Victor-Klemperer-Platz: Talk „Queere Rechte auf dem Rückschritt?”, mit Adam Baas (Quarteera e.V.), Henny Engels (LSVD) und Wiebke Neumann (MdA)

Samstag, 13 Uhr: Start der Marzahn Pride 2025 am S-Bhf. Springpfuhl/Allee der Kosmonauten (rechte Straßenseite in Fahrtrichtung Marzahn-Hellersdorf)

Anreisetreffpunkt am Ostkreuz: 12 Uhr am Ausgang Richtung Markgrafendamm

Treffpunkt für queere Jugendliche zum Vorbereiten für die Pride: 11:45 Uhr auf der Brücke, S-Bhf. Springpfuhl

Samstag, ab 15 Uhr (offizielle Eröffnung 16 Uhr): Straßenfest auf dem Victor-Klemperer-Platz mit Bühnenprogramm, Community-Markt und Streetfood-Ständen (Programm)

Sicherheit bei der Pride

Infos zum Neonazi-Aufmarsch gegen die Marzahn Pride

Junge Neonazis, die dem Label „Deutsche Jugend Voran“ (DJV) zuzuordnen sind, mobilisieren gegen die Marzahn Pride und haben 300 Teilnehmende angemeldet, die aber nicht zu erwarten sind. Sie rufen ab 13:30 Uhr zum Aufmarsch mit Start an der Tram-Haltestelle Alt-Marzahn auf und möchten bis zum Victor-Klemperer-Platz marschieren (Stand 19.6., Route kann sich noch ändern). Hier endet auch die Pride-Demo und geht in ein Straßenfest über.

Aktuell geplante Route des Neonazi-Aufmarschs: Alt-Marzahn (Rewe Parkplatz/DM Parkplatz) – Allee der Kosmonauten – Landsberger Allee – Raoul-Wallenberg-Str. – Victor-Klemperer Platz.

Bedrohungen bei Pride- und CSD-Veranstaltungen

Viele neue Labels und lose organisierte Jugendgruppen treten seit Sommer 2024 im Zuge von Anti-CSD-Aktionen im gesamten Bundesgebiet in Erscheinung. So auch die „DJV”, deren Umfeld zu den bekannteren und aktiveren unter den jungen und gewaltbereiten Neonazis zählt. Neonazis der „DJV” versuchten letztes Jahr, den zentralen Berliner CSD zu stören, wurden jedoch zuvor von der Polizei festgenommen. Sie hatten u.a. Mundschutz und Handschuhe bei sich, was ihre Gewaltbereitschaft unterstreicht. Nach diesem Misserfolg organisierte das „DJV”-Umfeld einen Aufmarsch gegen den CSD in Oranienburg und beteiligte sich an weiteren Störaktionen in verschiedenen Bundesländern.

Im Oktober 2024 mobilisierte die „DJV” schon einmal in Marzahn. Weniger als 100 Neonazis schlossen sich damals dem Aufmarsch gegen eine feministische Demo an. Im Umfeld wurden dem Berliner Register Beleidigungen und gewalttätige Angriffe durch mutmaßliche Neonazis gemeldet, unter anderem im Öffentlichen Nahverkehr. Auch jenseits ihrer Aufmärsche sind Neonazis aus dem „DJV”-Umfeld verantwortlich für Gewalt, Bedrohungen und rechtsextreme Propaganda. Ein Protagonist der „DJV” wurde kürzlich u.a. wegen mehreren Gewalttaten zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Generell sind die jugendlichen Neonazis aus diesem Umfeld bei Versammlungslagen durchaus auf der Suche nach körperlichen Auseinandersetzungen, wie zahlreiche Vorfälle der letzten Monate belegen.

Queerfeindlichkeit als Teil rechtsextremer Ideologie

Angriffe auf CSDs sind kein Einzelfall – weder mit Blick auf den Ort noch die rechtsextremen Akteur*innen dahinter. Die Amadeu Antonio Stiftung zählte 2024 allein 55 rechtsextreme Angriffe. CeMAS hat 27 Anti-CSD-Aufmärsche im selben Jahr gezählt. Erst am vergangenen Wochenende zeigte sich in Brandenburg, was Veranstaltungen, die wie die Marzahn Pride für Vielfalt und Offenheit stehen, auch 2025 droht: Das Fest „Bad Freienwalde ist bunt” wurde von einer Gruppe vermummter Neonazis angegriffen, mindestens zwei Personen wurden verletzt.

Die LGBTIQ*-Community steht im Fokus von gewaltbereiten Neonazis. Menschen, die nicht in die „Norm” von Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität passen, dienen als Feindbilder. Queerfeindlichkeit und Antifeminismus sind zentrale Elemente rechtsextremer Ideologie, die verschiedene Akteur*innen des rechten Spektrums verbinden und gesellschaftlich weit verbreitet sind.

Zum Glück werden sich am 21.6. bei der Marzahn Pride viele Berliner*innen dagegen positionieren und queeres Leben feiern! Updates zur Route der Neonazis findet ihr ggf. hier. Schaut am Tag der Marzahn Pride bei uns auf Bluesky und Instagram vorbei. Wir teilen unsere Eindrücke mit euch.