Dreh- und Angelpunkt des rechten Interesses an Bad Nenndorf ist das Wincklerbad. Britische Besatzungssoldaten nutzten das Bad von 1945 bis 1947 als Internierungslager für NS-Schergen und mutmaßliche Kriegsverbrecher. Seit der Auflösung der Grabstätte des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im oberfränkischen Wunsiedel im Juli 2011 gilt Bad Nenndorf als einer der letzten rechten „Wallfahrtsorte“. Mit ihrem „Trauermarsch“ wollen die Neonazis alljährlich an die Opfer des Vorgehens der Alliierten erinnern. Auch in August 2013 gab es wieder Proteste gegen den rechten Aufmarsch. Angehörige der linksextremen Szene waren ebenso dabei wie Menschen, die sich im bürgerlichen Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“ seit Jahren gegen die rechten Trauermärsche engagieren. Unter ihnen waren auch zahlreiche Mitglieder des örtlichen Sportvereins VfL Bad Nenndorf. „Über Stunden wirkte die Sitzblockade (…) eher wie ein fröhliches Happening als eine Brutstätte von strafbaren Verstößen gegen das Versammlungsgesetz“, war auf ndr Online zu lesen. Kurz nach 14 Uhr, als die Demonstration des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“ für beendet erklärt wurde, hatten sich mehrere Hundert Menschen auf dem Platz vor dem Wincklerbad niedergelassen. Ihr gemeinsames Ziel: Sie wollten den für den späteren Nachmittag geplanten Aufmarsch der Rechtsextremisten vor dem Wincklerbad verhindern, zumindest aber deutlich verzögern. Viele aus dem bürgerlichen Bündnis fanden sich zum ersten Mal in ihrem Leben in einer Blockadesituation wieder – und mancher haderte mit sich. Bleiben oder doch lieber gehen?
Die gute Stimmung trug maßgeblich dazu bei, dass sich viele fürs Bleiben entschieden. Vor allem die Mitglieder des Sportvereins sorgten mit ihren lustigen Liedern und ihrer mitreißenden Animation für Spaß und Gemeinschaftsgefühl. Eine Übungsleiterin des VfL konnte mit ihrer Begeisterungsfähigkeit nicht nur ihre Vereinskollegen zum „Schütteltanz“ anspornen, sondern auch andere, ungeschulte Tänzerinnen und Tänzer in den Blockadereihen. „Hier regiert der VfL“ war daher nicht ohne Grund eine der meist gebrüllten Parolen des Tages.
Konfetti und Seifenblasen bestimmten das harmonische Gesamtbild des Protestes. Auch die Polizei ließ sich von der Stimmung anstecken. Toiletten für die Demonstranten wurden herbeigeschafft. Dennoch forderte die Polizei die Blockierer schließlich dazu auf, den Platz zu verlassen. Nach mehrmaliger Aufforderung wurde die Versammlung für aufgelöst erklärt. Am frühen Abend wurde dann die so oft angekündigte Räumung umgesetzt. Nur wenige der Protestierer räumten gleich das Feld, die meisten harrten jedoch aus und ließen sich wegtragen. Gegen einige wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Nüchtern betrachtet hatten die Demonstranten am Ende Erfolg: Die Räumung des Platzes war noch in vollem Gang als der rechte Trauermarsch nahte. Den Nazis blieb damit der Zugang zum Vorplatz des Wincklerbades versperrt. Polizeifahrzeuge blockierten die letzten Meter ihrer Route.
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