Sowohl die Künstler_innen von Die Vielen als auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA haben zuletzt eine Petition erstellt, die den Berliner Senat und in einem zweiten Schritt alle Länder der Bundesrepublik Deutschlands dazu auffordert den 8. Mai als Tag der Befreiung als regulären Feiertag zu verankern. In diesem Jahr wird der 8. Mai lediglich aufgrund des Jubiläums einmalig als Feiertag begangen.
Gedenken & Befreiungsfeiern #75Befreiung
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifafaschisten (VVN-BdA) reagiert auf die momentane Situation mit Aufrufen zu individuellem Gedenken. Das traditionelle Fest am 9. Mai neben dem sowjetischen Ehrenmal musste in diesem Jahr abgesagt werden.
Stattdessen findet am 8. Mai ganztägig eine zentrale Kundgebung der VVN-BdA am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park statt. Und auch am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Buch sind die Menschen dazu aufgerufen im Stillen zu Gedenken, Blumen und Kränze niederzulegen. In Reinickendorf wird um 10 Uhr mit roten Nelken an den Gräbern sowjetischer Soldaten und der Kinder von sowjetischen Zwangsarbeiterinnen auf dem Russischer Friedhof in der Wittestr. 37 gedacht. Die Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde legt um 11 Uhr zum Tag der Befreiung Blumen an der Säule der Gefangenen in der Wismarer Str. an der Eugen-Kleine-Brücke nieder. Um 16 Uhr findet eine Kundgebung am Denkmal für das KZ Columbiadamm am Columbiadamm 77 statt.
Genauere Informationen zu diesen und weiteren Veranstaltungen der Berliner VVN-BdA zum Tag der Befreiung finden sich hier.
Glänzende Aktionstage #DieBefreiungfeiern
Der Verein Die Vielen e. V. hat sich im Jahr 2017 unter Künstler_innen und Kulturschaffenden gegründet. Im Juni 2017 wurde bereits eine erste kleine glänzende Parade gegen einen rechtsextremen Aufmarsch der „Identitären Bewegung IB“ organisiert. Darauf folgten zwei großen Paraden unter dem Motto „Glänzen statt Ausgrenzen“ im Mai 2018 und 2019 und die Beteiligung an und Initiierung von vielen kleineren Aktionen in Berlin.
Nahezu die gesamte Berliner Kulturszene unterzeichnete im Jahr 2018 die Berliner Erklärung der Vielen. Die Kulturszene hat sich in der Folge nachhaltig vernetzt und zu einem bundesweiten Zusammenschluss mit je regionalen Erklärungen entwickelt. In der Erklärung verpflichten sich die Unterzeichner_innen eine klare und aktive Positionierung für eine demokratische Kultur einzunehmen.
Die ursprünglich geplanten Glänzenden Aktionstage am 8. und 9. Mai 2020 werden nun aufgrund von COVID-19 mit kleineren Aktionen und Streamingevents umgesetzt.
Vom 4. Mai bis 8. Mai sendet das Theaterformat Netzkantinen-Ausgaben der KiezKantinen der SOPHIENSÆLE täglich ein kleines Interview mit zivilgesellschaftlichen Akteuren die sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Berlin engagieren – in der Reihe Kieze gegen Rechts.
Am 8. Mai ist der GLÄNZENDE LIVE_STREAM #1 von 18 bis 24 Uhr (Facebook) geschaltet. Mit Beiträgen der über 4.400 Unterzeichner*innen der Erklärungen der Vielen in Deutschland und Österreich werden Fragen nach dem Feiertag, der Erinnerung an die Befreiung, der Zeugenschaft und vielem anderen mehr besprochen und diskutiert. „An beiden Tagen werden DIE VIELEN in über 35 Städten in Deutschland und Österreich regionale Aktionen für eine Gesellschaft von morgen realisieren und sich online und offline mit Projektionen und goldenen Fahnen an Fassaden, glitzernden Webseiten und goldenen Social- Media-Kanälen gegen den Hass und für die SCHÖNHEIT DER VIELFALT einsetzen.“
Im GLÄNZENDEN LIVE STREAM #2 am 9. Mai von 12.30 bis 13.30 Uhr (Facebook) wird die eigens für den Anlass komponierte alternative Europahymne für ein solidarisches Europa auf Balkonen und aus Fenstern erklingen. Text und Noten können sich Interessierte herunterladen und sich im ganz realen Leben beteiligen. Gegebenenfalls kann die eigene Darbietung audiovisuell aufgezeichnet und eingereicht oder aber direkt online vernetzt vom je eigenen Balkon vokal und/oder musizierend weiter getragen werden. Unter dem Link stehen auch eine Demoversion und ein Istrumental der Hymne bereit.
Im Aufruf zu den Glänzenden Aktionstagen heißt es u.a.
Angesichts eines erstarkenden Rechtsextremismus sowie immer weniger werdenden Zeitzeugen setzen Aktive der Kunst und Kultur ein Zeichen gegen Diskriminierung und Nationalismus und für eine demokratische und vielfältige Gesellschaft. Mit einem überregionalen Glänzenden Rauschen soll daran erinnert werden, dass das geeinte Europa ein antifaschistisches und solidarisches Friedensprojekt war und ist.
Gedenken in den Berliner Bezirken und weitere #75Befreiung -Aktionen in Berlin
Auch die Bezirksämter Lichtenberg und Pankow rufen zum stillen und individuellen Gedenken auf. In der Pressemitteilung des Bezirksamt Lichtenberg heißt es entsprechend:
„Wir erinnern an diesem Tag an diejenigen, die ihr Leben im Kampf für die Befreiung vom Faschismus ließen. Nehmen Sie sich den Moment und gedenken Sie individuell an den historischen Orten im Bezirk Lichtenberg“.
Dies gilt mit Sicherheit auch für die betreffenden Orte in den anderen Bezirken.
Das Deutsch-Russische Museum Karlshorst muss Corona-bedingt leider seine Türen für Besucher_innen geschlossen halten. Ihre aktuelle Ausstellung „Von Casablanca bis Karlshorst“ ist aber online als Rundgang zu sehen. Am 8. Mai findet hier zudem um 15 Uhr ein stilles Gedenken mit Blumen und Kränzen zum 75. Jahrestag der Befreiung statt.
Unter dem Titel „Nach Berlin. 75 Jahre Kriegsende“ haben die Kulturprojekte Berlin gemeinsam mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst eine virtuelle Ausstellung entwickelt, die die Ereignisse um den 8. Mai 1945 detailliert entlang zentraler Orte der Stadt nachzeichnet. Die Ausstellung ist interaktiv und auch im Stadtraum über ein mobiles Endgerät nachzuverfolgen. Die Britzer Initiative Hufeisern gegen Rechts hat dazu ebenfalls Informationen online.
Das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit hat unter dem #75Befreiung eine eigene Online-Ausstellung zur Zwangsarbeit in den letzten Kriegstagen 1945 veröffentlicht. Die Online-Ausstellung Du bist anders widmet sich Biographien im Nationalsozialismus verfolgter und ermordeter Kinder und Jugendlicher.
Die Zeitschrift der telegraph, entstanden aus der linken DDR-Opposition, erscheint seit 1987 und veröffentlicht zum 75. Jahrestag Texte ihrer Autor_innen zum Tag der Befreiung.
Auch unsere Partner_innen vom Berliner Lesben- und Schwulenverband LSVD positionieren sich zum 8. Mai eindrücklich und rufen dazu auf, an den Stolpersteinen in Wohnortnähe Blumen und niederzulegen. Wir verlinken hier eine Auflistung von Stolpersteinen, die an homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus erinnern sowie eine Übersicht aller in Berlin verlegten Stolpersteine.
Das Unabhängige Jugendzentrum Pankow – JUP e.V. lädt am 8. Mai zu einer individuellen Spurensuche – zu Fuß oder mit dem Fahrrad – zu Orten des Widerstands und der Erinnerung durch den Stadtteil ein.
Berlin gegen Nazis sammelt und dokumentiert die Aktionen online und liefert über Facebook, Twitter und Instagram noch weitere Veranstaltungsempfehlungen und Informationen rund um die Ereignisse in der Stadt am 75. Jahrestag der Befreiung.