29. November: Proteste gegen Neonazi-Aufmarsch in Mitte

Die neonazistische Kleinstpartei „Die Heimat” (ehemals NPD) versucht sich erstmals seit Jahren wieder an einem Aufmarsch in Berlin. Zusammen mit der Gruppierung „Deutsche Jugend Voran” (DJV), deren Umfeld mit zahlreichen Gewalttaten in Verbindung steht, wollen die Rechtsextremen am Samstag, 29. November, durch Mitte laufen. Zuletzt hatten sich die traditionelle Parteistruktur und die junge, lose Gruppierung angenähert. Der für 100 Personen angemeldete Aufmarsch soll um 13 Uhr am Lustgarten starten und zum S-Bahnhof Friedrichstraße führen. Auch dieses Mal werden Berliner*innen ihren Protest zeigen und deutlich machen, dass in dieser Stadt kein Platz für Neonazis und rassistische Hetze ist!

Details zur Route des Aufmarschs und den Orten der Gegenproteste finden sich samt Übersichtskarte ganz unten im Artikel.

Wer mobilisiert zum Aufmarsch?

Zum Aufmarsch mobilisieren neben der „DJV” auch weitere rechtsextreme Jugendgruppierungen auf Social Media mit antiziganistischen und rassistischen Motiven. So richte sich der Aufmarsch gegen „Betrüger und kriminelle Ausländer” sowie „Überfremdung”, im KI-generierten Mobilisierungsbildchen ist eine Person, die wohl „südländisch” aussehen soll, mit Klemmbrett zu sehen. In einem vom Parteiaccount veröffentlichten Video bedroht ein bekannter Funktionär von „Die Heimat” im Regierungsviertel Menschen, die er des Betrugs verdächtigt und beleidigt diese antiziganistisch. Das Vorgehen passt zu vergangenen Kampagnen der Partei, in deren Rahmen sie Selbstjustiz gegen „Kriminelle” im öffentlichen Straßenraum propagierte (siehe auch MBR-Einschätzung unten). Zu den für Samstag mobilisierenden Gruppierungen gehören auch neue Labels wie das der „Jägertruppe”, über das der Tagesspiegel (€) kürzlich berichtete.

Junge Rechtsextreme im Juni 2025 in Berlin-Mitte

Welche gewalttätige Bedrohung vom Milieu rechtsextrem orientierter Jugendlicher ausgeht, fasste zuletzt das Register Lichtenberg zusammen. Im Oktober erschien zum Phänomen der neuen rechtsextremen Jugendkultur eine vertiefende Handreichung der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) gemeinsam mit dem apabiz, die sich vor allem an Multiplikator*innen der Kinder und Jugendarbeit richtet.

Es ist damit zu rechnen, dass auch zum Aufmarsch am 29. November Personen anreisen, die aggressiv und gezielt die Auseinandersetzung suchen. Seit 2024 trat dieses Milieu regelmäßig mit Aufmarschversuchen in Berlin in Erscheinung, in deren Kontexten es wiederholt zu gewalttätigen Angriffen auf vermeintliche oder tatsächliche politische Gegner*innen sowie Einsatzkräfte der Polizei kam. Jedes Mal gab es dagegen entschlossene Proteste der Berliner Zivilgesellschaft. Wir informierten u.a. zu Versammlungen in Friedrichshain, Mitte und Marzahn. Auch diesen Samstag gibt es selbstverständlich Gegenprotest in Hör- und Sichtweite!

Breite Gegenproteste

Verschiedene Initiativen mobilisieren unter dem Motto „Den Nazis keine Mitte!” gegen den Aufmarsch. Bereits an dessen Startpunkt am Lustgarten organisieren die Omas gegen Rechts/Dtl.-Bündnis eine Kundgebung mit dem Titel „Für eine solidarische Gesellschaft! Kein Platz für Rechtsextreme!”, die um 12:30 Uhr starten soll. diese Kundgebung eignet sich als Anlaufstelle für alle, die früh in der Gegend sind. Treffpunkt ist das Denkmal für die jüdisch-kommunistische Widerstandsgruppe um Marianne und Herbert Baum (Unter den Linden Ecke Am Lustgarten). Achtung bei der Anreise: Diese Kundgebung befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Sammel- und Auftaktort der Rechtsextremen.

Zu einer weiteren Kundgebung an der Route wird ab 13 Uhr zum Zeughaus (DHM, Unter den Linden 2) mobilisiert. Hier will der rechtsextreme Aufmarsch links in die Niederlagstr. einbiegen (siehe Route unten). Die Anwohner*inneninitiative für Zivilcourage – Gegen Rechts aus Mitte, die Omas gegen Rechts.Berlin, Queermany, das Geradedenken Kollektiv und weitere rufen dazu auf, sich hier bunt, gemeinsam und entschlossen gegen den Aufmarsch zu positionieren.

Schließlich ist eine letzte Kundgebung am U-Bhf. Unter den Linden bzw. an der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße angemeldet. Diese startet um 14 Uhr und wird ihren Protest unmittelbar an der Route äußern, sollten die Rechtsextremen bis dort laufen.

Gegenproteste im Juni 2025 in Berlin-Mitte.

Generell sollte, wer sich in der Zeit des rechtsextremen Aufmarschs in der Gegend bewegt, vorsichtig sein und die Augen offen halten. Dies gilt auch für den Bereich um die Parteizentrale von „Die Heimat” in Köpenick. Wir werden über den Verlauf der Gegenproteste auf unserem Bluesky-Account informieren!

Einschätzung der MBR

Die Einschätzung unseres Schwesterprojekts, der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) zum Aufmarsch:

Die gemeinsame Mobilisierung von „Deutsche Jugend Voran“ (DJV) und „Die Heimat“ zu einem Aufmarsch am Samstag in Berlin kommt nicht überraschend und ist auch das Ergebnis einer immer stärkeren Annäherung. Die „DJV“ wurde über einen längeren Zeitraum hinweg gezielt von „Die Heimat“ umworben, auch weil die von politischer Irrelevanz bedrohte Partei dringend Nachwuchs sucht. Anders als in anderen Städten verfügt sie in Berlin über keine eigene Jugendorganisation und ist seit Jahren personell schlecht aufgestellt. Die „DJV“ hingegen stand aufgrund der Inhaftierung ihres Anführers, anhaltender Repression, aber auch internen Streitigkeiten und immer neuen Abspaltungen unter Druck und zeigt sich zunehmend offen für eine Annäherung an „Die Heimat“.

Diese Faktoren erleichterten der Partei „Die Heimat“ das gezielte Anwerben. Unter anderem wurde auch die „Heimatschützer“-Kampagne wieder aufgegriffen. Junge Rechtsextreme liefen mit Warnwesten durch Berlin-Mitte und bedrohten Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten. Diese Aktion kann im Zusammenhang mit der Demonstration am Samstag gesehen werden, da sie sich ähnlicher antiziganistischer Klischees bediente. Sie knüpft außerdem an eine frühere Kampagne der Partei an, als sie unter dem Titel „Schutzzone“ mit mäßigem Erfolg versuchte, sich als eine Art Bürgerwehr in Szene zu setzen.

Für Agitation und Weiterbildung nutzte die „DJV“ bereits die Räumlichkeiten der Partei in Berlin-Köpenick. Es zeigt sich die Gefahr, dass zumindest Teile der lose um das Label „DJV“ organisierten Jugendlichen mit den Strukturen und Ressourcen einer etablierten neonazistischen Partei im Rücken ihre Aktivitäten verstetigen und sich ideologisch festigen könnten. Ob diese Entwicklung sich auch in einer höheren Zahl von Teilnehmenden bei dem Aufmarsch am Samstag zeigen wird, ist noch nicht ausgemacht. Aktuell mobilisieren vor allem Berliner und Brandenburger Zusammenschlüsse aktionsorientierter rechtsextremer Jugendlicher.

Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR), November 2025.

Versammlungslage im Überblick

Angemeldete Route der Rechtsextremen:

  • Start: 13 Uhr Berliner Dom – Schloßplatz – Unter den Linden – Niederlagstraße – Werderscher Markt – Französische Straße – Friedrichstraße – Ende: Friedrichstraße 141A-142 (S-Bhf Friedrichstraße/Tränenpalast)

Angemeldete Gegenproteste (Stand 27.11.):

  • Ab 12:30 Uhr: Kundgebung am Lustgarten, am Denkmal für die Widerstandsgruppe um Marianne und Herbert Baum (Am Lustgarten Ecke Schloßplatz, Google Maps)
  • Ab 13 Uhr: Kundgebung am Zeughaus (DHM, Unter den Linden 2), im Bereich Unter den Linden Ecke Niederlagstraße
  • Ab 14 Uhr: Kundgebung am U-Bhf. Unter den Linden (Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, westlich auf der Mittelinsel)

Fotos: Berlin gegen Nazis