Die „Identitären“ mobilisieren für den Aufmarsch am 17.Juni europaweit. Es soll ihr zentraler Event im Jahr 2017 werden. Noch Mitte Mai wurde u.a. in einem Artikel der BZ über eine zentrale Aufmarschroute vom Potsdamer Platz zum Gendarmenmarkt berichtet. Der Aufmarsch wird nun vom Bahnhof Gesundbrunnen zum Hauptbahnhof führen. Diese Routenverlegung ist ein erster Erfolg für die Organisator_innen der Gegenproteste.
Folgende Gegenproteste sind angekündigt:
In der Stadtmitte wird die Initiative „Die Vielen“ von Künstler_innen mit einer „Glänzenden Demo“ und der Devise „Solidarität statt Identität“ gegen den rechtsextremen Aufmarsch der „Identitären“ demonstrieren. Unter dem Motto „Vorhang auf, Grenzen auf: Bühne frei! Die Vielen“ soll ein Happening gegen den Hass gefeiert werden und alle Teilnehmer*innen sollen glänzen. Die „Glänzende Demonstration“ startet ab 14.00 Uhr von der Alten Münze (Molkenmarkt 2), um dann über den Hackeschen Markt und die Torstraße zur Invalidenstraße an die Aufmarschroute der Rechtsextremen zu ziehen. Die Demonstration ist als MitMach-Aktion konzipiert. Die Vielen und Berlin gegen Nazis laden alle Berliner_innen ein, sich mit goldenen Rettungsdecken, Spiegeln oder anderen glänzenden Dingen an der Demonstration zu beteiligen.
Das Berliner Bündnis gegen Rechts ein Zusammenschluss von Vereinen, Verbänden und linken sowie antifaschistischen Gruppen, ruft für 12.00 Uhr zu einer Demonstration vom Leopoldplatz ins Brunnenviertel in die Nähe der Aufmarschroute der „Identitären“ auf und kündigt an, im Anschluss an die Demonstration den rechtsextremen Aufmarsch „blockieren“ zu wollen. Das Bündnis äußert sich in einer aktuellen Pressemitteilung zum Aufmarsch der „Identitären“, u.a. wie folgt:
Mit dem Motto ihrer Demonstration verhöhnen die Identitären die Menschenrechte”, sagt Aaron Bruckmiller, Pressesprecher des BBgR. „Noch vor ein paar Wochen haben ein paar Aktivist*innen der Identitären versucht ein Seenotrettungsboot für Geflüchtete an der Abfahrt zu hindern. Diese symbolische Inszenierung zeigt, was hinter ihrer Ideologie steht: ein völkischer Nationalismus begründet auf Rassismus, Ausgrenzung und Hass.
Aktionskarte Aufmarsch der „Identitären“, 17.06.2017, Berlin-Wedding/Mitte (Änderungen möglich )
Karte mobil online ansehen, wenn gewünscht mit Anzeige des eigenen Standortes, über Smartphone-App „Gegen Nazis“.
Startpunkt Identitären-Aufmarsch 14.00 Uhr : Gesundbrunnen – Brunnenstraße – Bernauer Straße – Julie Wolfthorn Straße – Zinnowitzer Straße – Chausseestraße – Invalidenstraße -Hauptbahnhof
Startpunkt Demonstration vom Berliner Bündnis gegen Rechts (BBgR) 12.00 Uhr: Leopoldplatz – Schulstraße – Maxstraße -Schererstraße – Wiesenstraße – Hussitenstraße/Bernauer Straße
Startpunkt Glänzende Demonstration von Die Vielen (Künstler*innen) 14.00 Uhr: Alten Münze (Molkenmarkt 2) – Spandauer Straße – Anna-Louisa-Karsch-Straße – An der Spandauer Brücke – Hackescher Markt – Rosenthaler Straße – Torstraße – Novalisstraße – Eichendorffstraße /Ecke Invalidenstraße
Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) hat auf ihrer Website eine aktuelle Einschätzung zum Aufmarsch der „Identitären“ veröffentlicht, dort heißt es u.a.:
Bereits im vergangenen Jahr zogen nach einer bundesweiten Mobilisierung rund 130 Anhänger der Identitären aus mehreren Bundesländern anlässlich des Jahrestages der Proteste vom 17. Juni 1953 durch Berlin. Aus diesem Grund wollen sie in diesem Jahr auch an der Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße vorbeiziehen.
Die kommende Veranstaltung zielt dieses Mal auch auf Anhänger und Sympathisanten aus dem europäischen Ausland ab und dürfte daher deutlich größer ausfallen als 2016. In ihrem Werbebanner werden „viele europäische Redner“ angekündigt und in ihrem Aufruf wird ausschließlich über Europa gesprochen. Nicht nur bundesweit wird der Aufruf von IB-Gruppierungen sowie PEGIDA und seinen Ablegern in sozialen Netzwerken verbreitet, auch in Österreich rufen IB-Strukturen dazu auf, nach Berlin zu fahren. Zudem sind italienische, slowenische, polnische und englischsprachige Versionen der Ankündigung bekannt geworden. Auch neonazistische freie Kameradschaften, AfD- und NPD-Anhänger sowie Rechtsextreme aus Schweden und der Schweiz haben zumindest in sozialen Netzwerken ihr Kommen angekündigt. Inwiefern sich die große Verbreitung der Veranstaltungsankündigung im virtuellen Raum aber auch auf die realen Teilnehmerzahlen niederschlagen wird, bleibt erfahrungsgemäß schwierig einzuschätzen. Eine vergleichbare Versammlung mit europaweiter Beteiligung aus diesem Spektrum fand im Juni 2016 in Wien statt, an der sich nach Polizeiangaben bis zu 1000 Teilnehmer eingefunden hatten. [1] Diese Teilnehmerzahl wurde auch für den kommenden 17. Juni in Berlin angemeldet. Es ist aber mit weit weniger Rechtsextremen zu rechnen. Die MBR geht von einer Zahl im mittleren bis höheren dreistelligen Bereich aus.
Bisher sind die „Identitären“ in Berlin durch kleinere, unangekündigte Störaktionen mit wenigen Teilnehmer_innen aufgefallen, die im Anschluss öffentlichkeitswirksam in den sozialen Netzwerken inszeniert wurden, um den Anschein von Größe und Mobilisierungsfähigkeit zu erwecken. Ihr Ziel ist es mit diesen Aktionen eine mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen, die ihre eigentliche Größe bei weitem übersteigt. In einem kürzlich erschienenen Zeit Online-Artikel mit dem Titel „Die Scheinriesen“ wird dieses Vorgehen ausführlich beschrieben und zugleich die rechtsextreme Vergangenheit führender Personen der „Identitären“ in Deutschland beleuchtet.
Zur Frage, wer sich hinter der „Identitären Bewegung“ verbirgt, hat die MBR im Vorfeld des letzten Aufmarsches im Juni 2016 auf ihrer Website einen ausführlichen Beitrag veröffentlicht:
Die „Identitäre Bewegung“ (IB) versteht sich als aktivistischer Arm der Neuen Rechten. Mit öffentlichkeitswirksamen, provokativen Aktionen versuchen sie auf sich aufmerksam zu machen. Bundesweit hat die Gruppe nach Schätzungen rund 400 Mitglieder. In Berlin sind es bis zu 20 „Identitäre“, einige davon sind gleichzeitig in der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) aktiv. Seit 2014 wird die Berliner Sektion der „Identitären“ vom Verfassungsschutz offiziell beobachtet.
Anders als bei Neonazi-Gruppen verzichten die „Identitären“ bewusst auf einen positiven Bezug auf den historischen Nationalsozialismus. Sie berufen sich stattdessen auf die Ideen antidemokratischer Vordenker der „Konservativen Revolution“ in der Weimarer Republik. Die IB versucht, völkische Gesellschaftskonzeptionen durch modern aufgemachte Inszenierung zeitgemäß erscheinen zu lassen.
Über aktuelle Änderungen und neue Informationen halten wir über die „Gegen Nazis“-Smartphone-App (kostenlos im Google Play- und Apple App-Store), Twitter und Facebook auf dem Laufenden.
Die Twitter-Hashtag für aktuelle Informationen am 17. Juni lauten: #noIB oder #b1706