Foto:Florian Boillot 23.05.2020

Weitere Positionierungen und Proteste gegen rechtsoffene Versammlungen

UPDATE +++Pfingsten 2020, Berlin-Mitte/Prenzlauer Berg, ab 10.45 Uhr -Erneut wird zu rechtsoffenen "Hygiene -Demonstration" nach Berlin-Mitte mobilisiert. Es wird weiterhin Positionierungen dagegen sowie eine Vielzahl an Gegenprotesten geben.

Update (Informationsstand 29.05., 16 Uhr)

+++ ausführliche Informationen zum Gegenprotest weiter unten +++

Auch am Pfingstwochenende gibt es mehrere Aufrufe zu rechtsoffenen Versammlungen in Berlin-Mitte und im Prenzlauer Berg, sowie Anmeldungen von rechtsoffenen Kundgebungen. Samstag der 30. Mai ist der zentrale Mobilisierungstag, es gibt aber auch Aufrufe und Anmeldungen für Sonntag den 31. Mai.

Für beide Tage gibt es für 15.00 Uhr Anmeldungen für rechtsoffene Kundgebungen im Mauerpark (Rondell) Dazu gruppiert sich Samstag eine rechtsoffene Kundgebungsanmeldung am nördlichen Rand des Falkplatzes ab 15.00 Uhr. Gegenprotest am Mauerpark gibt es am Samstag ab 14.00 Uhr an der Schwedter Straße/Eberswalder Straße und mit einem Fahhradkorso von der Memhardstraße.

Bereits am Samstagvormittag (30.05.) soll ein rechtsoffener Autokorso um 10.45 Uhr am Olympiastadion starten und zum Kanzleramt führen, wo er gegen 14 Uhr eintreffen soll. Die Route führt durch Charlottenburg, Schöneberg, Kreuzberg, Friedrichshain, Prenzlauer Berg (Mauerpark), Gesundbrunnen, Wedding, Moabit und Tiergarten – siehe hier. Am Kanzleramt gibt es angemeldeten Reptiloiden-Gegenprotest ab 13 Uhr.

Ebenfalls ab dem späten Vormittag gibt es eine vermutlich rechtsoffene Kundgebung am Platz des 18. März. Von dort soll um 13.00 Uhr ein rechtsoffener Fahrradkorso zum Alexanderplatz führen, ein ebensolcher Fahrradkorso soll zudem um 13 Uhr in Pankow starten und via Memhardstraße in die Stadtmitte führen. Ab 15 Uhr und 16 Uhr sind weitere rechtsoffene Kundgebungen auf dem südlichen Alexanderplatz (Neptunbrunnen) angemeldet. Ein Gegenprotest-Fahrradkorso startet um 12 Uhr Nahe Brandenburger Tor via Mauerpark zum Neptunbrunnen und ab 14.00 Uhr gibt es Gegenprotest auf dem nördlichen Alexanderplatz, wo ab 13 Uhr eine rechtsoffene Kundgebung angemeldet ist.

Natürlich wird es wie jede Woche ab 14.00 Uhr Gegenprotest am Rosa-Luxemburg-Platz, dem Ursprungsort der rechtsoffenen Versammlungen geben und ein Straßenfest der Anwohner_innen in der Memhardtsstraße ab 15.00 Uhr . Dort findet zudem ab 14 Uhr an der Kreuzzung Münzstraße/Rosa-LuxemStraße in der dritten Woche eine Gegenprotestkundgebung statt, von wo ein Fahrradkorso zum Mauerpark startet.

Für Sonntag (31.05) gibt es Anmeldungen für eine vermutlich rechtsoffene Kundgebung auf dem Bebelplatz (12 Uhr) und eine rechtsoffene Medititationskundgebung vor dem Reichstag (14.30 Uhr), sowie die rechtsoffene Kundgebung um 15.00 Uhr im Mauerpark.

Das Berlin Bündnis gegen Rechts hat eine Karte aller geplanten Gegenproteste hier veröffentlicht.

Hinweis: Das Versammlungsrecht hat in Berlin erneut einen Schritt zur kompletten Wiederherstellung gemacht. Alle Kundgebungen, Korsos und Demonstrationen findet entsprechend §4b der seit dem 28.Mai geltenden Verordnung des Berliner Senats zur Eindämmung von Covid_19 statt.
Dies bedeutet, das die Organisator_innen der Versammlungen sicherstellen müssen, dass Abstandsregelungen und weitere Hygienemaßnahmen nach §2 der Verordnung eingehalten werden.
Berlin gegen Nazis erreichte die Information, dass die Organisator_innen der Gegenproteste darum bitten, diese für sie schwierige Situation zu berücksichtigen, sollte Interesse an der Teilnahme bestehen.

Einschätzung der rechtsoffenen Versammlungen am 30./31. Mai

Die Mobile Beratung gegen Rechstextremismus Berlin – MBR schätzt die zu erwartenden unangemeldeten Versammlung in Berlin-Mitte in einer aktuellen Einschätzung zusammenfassend folgendermaßen ein:

Seit Ende März mobilisieren unterschiedliche Akteur_innen aus verschwörungsideologischen Milieus zu Versammlungen in Berlin gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Durchgängig wurden dabei Personen mit rechtsextremen, antisemitischen und anti-demokratischen Schildern und Äußerungen vor Ort widerspruchsfrei geduldet. In den vergangenen Wochenenden ist eine Abnahme der Teilnehmer_innenzahlen zu beobachten. Dies kann auch als Erfolg der vielfältigen Proteste seitens demokratischer zivilgesellschaftlicher Akteur_innen gewertet werden.

Es kann zudem angenommen werden, dass sich viele der Teilnehmenden der ersten Wochen mit den inzwischen vielfach dominierenden rechtsextremen Inhalten und Personen sowie den Inszenierungen einiger verschwörungsideologischer Akteure vor Ort nicht gemein machen wollen und daher fernbleiben. Hinzu kommt, dass die gegenwärtigen Lockerungen der Maßnahmen wohl zum Rückgang der Attraktivität der Veranstaltungen beitragen.
Allerdings kann keine Entwarnung gegeben werden: Vielmehr war festzustellen, dass zunehmend organisierte Personen aus rechtsextremen und rechtspopulistischen Strukturen und Parteien oder mit gefestigtem verschwörungsideologischem Weltbild bei den Veranstaltungen dominierten – darunter vereinzelt auch Personen, die in der Vergangenheit durch Gewalttaten auffällig geworden sind.

(…)

Durch die gewachsene Präsenz von gewaltbereiten Rechtsextremen, aber auch das insgesamt aggressive Auftreten zahlreicher Teilnehmer_innen aus unterschiedlichen Milieus ist die Gefahr körperlicher Angriffe im Umfeld der Proteste gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen stark gestiegen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das immer offenere Auftreten von Rechtsextremen dazu führen wird, dass bisherige Teilnehmende bei kommenden Mobilisierungen in noch größerem Maße fernbleiben oder ob die sich im versammelten Spektrum bereits rezipierten Verschwörungserzählungen verschärfend auf die Dynamik auswirken werden.

MBR Berlin 29.05.2020


Positionierungen und Proteste am 30./31. Mai

Scheunenviertel

Rund um den Rosa-Luxemburg-Platz, dem Ausgangspunkt der rechtsoffenen Versammlungen werden die Volksbühne, Galerien und Anwohner*innen die bestehenden Positionierungen fortführen.
Die Volksbühne wird am vierten Samstag in Folge zeitgleich zu den rechtsoffenen Versammlungen eine Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Positionen mit Abstand“ aus der Volksbühne streamen und sich so auch inhaltlich positionieren. In dieser Woche zu Verschwörungsideologien in der Popkultur.

Sticker

Auch am 30./31 Mai werden Anwohner_innen Positionierungsaktionen im Scheunenviertel durchführen. Die Anwohner*inneninitiative für Zivilcourage – Gegen Rechts hatte gemeinsam mit dem DGB Berlin-Mitte, der Volksbühne Berlin, der Künstler*innenintiative Die Vielen, den Omas gegen Rechts Berlin und dem Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin, und der Amadeu Antonio Stiftung einen dreisprachigen Anwohner*inneninformationsflyer veröffentlicht, den wir hier dokumentieren. Unter dem Motto Abstand halten gegen Rechts“ rufen sie die Anwohner_innen im Scheunenviertel zur Positionierungen auf. In der letzen Woche wurden die Briefkästen der Anwohner*innen im Viertel damit bestückt. Der Aufruf der Anwohner_innen richtet sich auch an alle Berliner_innen unabhängig ob ihr Wohnumfeld von den rechtsoffenen Versammlungen betroffen ist, sich an Balkonen und Fenstern zu positionieren.

Anwohner_innen Selbstorganisation am 30.05.2020

Aus dieser Ansprache heraus haben sich Anwohner_innen in der Memhardstraße zusammengefunden und organisieren nun am Samstag ein Straßenfest gegen die rechtoffenen Versammlungen, die Anfang Mai in diesem Wohnumfeld ihr Zentrum hatten. Zugleich informieren sie die Anwohner_innen mit einem mehrsprachigen eigenen Anwohner_innenflyer.

Prenzlauer Berg

Postionierung in Social Media

Auch im Prenzlauer Berg und im Gesundbrunnenviertel organisiert die Fach- und Netwzerkstelle moskito in Zusammenarbeit mit unseren Partner_innen von Demokratie in der Mitte und der Fabrik Osloer Straße eine Anwohner_innenflyer Informationsaktion, um die Nachbarschaft über die aktuellen Aufrufe für rechtoffene Versammlungen im Mauerpark zu informieren und Positionierungsmöglichkeiten bekannt zu machen, z.B. ein Foto auf Social Media Accounts mit dem Hashtag #AbstandhaltengegenRechts posten, wird vorgeschlagen.

Die sehr aufmerksame Zivilgesellschaft im Kiez ist bereits seit Tagen aktiv. Der Verein Freunde des Mauerparks e.V hat sich bereits in der ersten Wochenhälfte gegen die rechtsoffenen Versammlungen im Mauerpark positioniert. Unter dem von der Volksbühne übernommen Slogan „Wir sind nicht eure Kulisse“ positioniert sich der Verein mit Unterstützung vieler Menschen in den Sozialen Medien.

Ein Rückblick auf die bisherigen Positionierungen

Positionierung der Volsbühne am 25.04 und 02.05.2020 -Foto:Berlin gegen Nazis

Am 25. April, am 1.,2., 8., 9.,16. und 23. Mai positionierten sich die Volksbühne, die Anwohner_innen und Galerien am und um den Rosa-Luxemburg-Platz unter dem Motto „Wir sind nicht eure Kulisse“ eindrucksvoll. Auf angemeldeten kleinen Gegenkundgebungen unter dem Motto „Reclaim Rosa-Luxemburg-Platz“ protestierten an allen diesen Tagen Menschen kreativ gegen die rechtsoffenen Versammlungen. An vielen Gebäuden am Platz, aber auch in den Seitenstraßen hingen Plakate und Transparente aus den Fenstern oder in Schaufensterscheiben. Goldene Rettungsdecken, das Erkennungszeichen der Künstler_inneninitiative DIE VIELEN wurden ebenfalls zur Positionierung genutzt und in die „Glänzenden Aktionstage“ zum 75. Jahrestag der Befreiung am 8./9.Mai einbezogen. Die Volksbühne verhüllte ihren Schriftzug am Gebäude und positionierte sich mit einer UNTEILBAR und einer LEAVE NO ONE BEHIND Bauchbinde. Das Volksbühne-Rad auf dem Platz wurde zudem mehrmals verhüllt.

In einem Statement der Volksbühne heißt es u.a.:

Mit Verschwörungsideolog*innen, Antisemit*innen und der neuen Rechten darf niemand gemeinsame Sache machen, der sich für Bürger*innenrechte einsetzen will! Es ist falsch, die Pandemie herunterzuspielen und damit andere Menschen in Gefahr zu bringen.

23.05.2020 Foto: Florian Boillot

Den bisherigen Höhepunkt der Positionierungen bildete der 23. Mai mit einer Ensemble-Performance der Volksbühne im Rahmen einer Kundgebung auf den Treppen vor dem Theater gemeinsam mit
Anwohner*inneninitiative für Zivilcourage gegen Rechts, dem DGB Berlin-Brandenburg, den Berliner Omas gegen Rechts, Die Vielen, dem Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin und der Berliner VVN-B.d.A und vielen mehr. (Dokumentation folgt)

Die Gegenprotestkundgebungen am Rosa-Luxemburg-Platz haben an den letzten drei Wochenenenden die rechtsoffenen Versammlungen erfolgreich vor der Volksbühne verdrängt. Diese verlagern sich am 09. und 16.Mai in Richtung Alexanderplatz. Auch dort und zwischen dem Rosa-Luxemburg-Platz und dem Alexanderplatz gab es am 16. und 23. Mai Gegenprotest. Auch das Regierungsviertel, der Tiergarten, das Brandenburger Tor und die Straße Unter den Linden sind seit dem 06. Mai wiederholt Schauplatz rechtsoffener Versammlungen geworden. Am 23. Mai versammelten sich aber nur noch einige hundert Personen kurzzeitig an verschiedenen Orten der Innenstadt. Diese Verringerung der Teilnehmenden ist auch auf die stetige Begleitung durch spontane oder angemeldete Gegenproteste zurückzuführen, die Berlin gegen Nazis am 16. Mai wie folgt zusammenfasste:

»Die Szenerie war in dieser Woche sehr stark vom Gegenprotest geprägt. Es herrschte eine ganz andere Stimmung, die kritische Zivilgesellschaft war vor Ort. Dass die rechtsoffenen Versammlungen sich von ihrem Ursprungsort wegorientieren mussten, ist ein Erfolg.


Berlin gegen Nazis informierte im Vorfeld der bisherigen Versammlungen unter anderem mit Einschätzungen der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin -MBR und dokumentierte mit Live-Berichten auf Twitter und Zusammenfassungen auf Facebook (25. April 01./02.Mai 08/09. Mai 16. Mai , 23.Mai (folgt) und Instagram. Die MBR ordnete zudem die rechtsoffenen Versammlungen in einem Interview für ein Video des supernova Magazin ein.

Aufrufe und Statements gegen die rechtsoffenen Versammlungen

Ein Bündnis aus über 20 Jugendorganisationen, Student_innenvertretungen, Parteien, linken Initiativen, Organisationen und Bündnissen, u.a. der Berliner VVN BdA, dem Jugendtheater P14 der Volksbühne, dem LAG Antifaschismus DIE LINKE Berlin, Aufstehen gegen Rassismus Berlin, der Bergpartei und der Initiative Staub zu Glitzer haben einen Aufruf veröffentlicht und mobilsieren zu einer Online-Gegendemonstration. Zudem hat dieses Bündnis seit dem 25.April wöchentliche Gegenkundgebungen, teilweise an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, auf dem Rosa-Luxemburg Platz und dem Schendelpark organisiert und so entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Aufrufe zu rechtsoffen Versammlungen seit Mitte Mai auf andere Orte der Stadt konzentrieren. Unter der Überschrift „Keine Querfront auf dem Rosa-Luxemburg-Platz!“Nicht ohne uns“? – Ohne uns!“ schreibt das Bündnis u.a.:

Die Verhältnismäßigkeit von Infektionsschutzverordnungen und die Einschränkung der Grundrechte sind zu hinterfragen und zu kritisieren.
Kein Verständnis haben wir für Menschen und Gruppierungen, die ihre Kritik mit Rechtsextremen, Faschist*innen und Neurechten auf die Straße tragen und die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz für ihre rechtspopulistischen Zwecke missbrauchen.

Auch das Bündnis Reclaim Club Culture aus der Berliner Clubszene hat am 15. Mai einen Aufruf mit dem Motto „Für offene Grenzen für alle. Gegen Nazis.“ veröffentlicht und organisierte am 16. Mai einen Gegenprotest auf dem Alexanderplatz und am 23. Mai einen Fahrradkorso.

Das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus Berlin hat am 07. Mai einen Aufruf für Positionierungen und Proteste gegen die kommenden rechtsoffenen Versammlungen veröffentlicht und am 8., 9. und 23. Mai Gegenprotestkundgebungen am Schendelpark durchgeführt.

Das Berliner Bündnis gegen Rechts, ein Zusammenschluss von Vereinen, Verbänden und linken sowie antifaschistischen Gruppen, hatte vor dem 25.April ein Statement unter dem Titel „Mit Nazis für Bürgerrechte demonstrieren? Das ist ein schlechter Witz!“ veröffentlicht, am 14. Mai einen weiteren Aufruf publiziert und am 16. und 23 Mai Gegenkundgebungen und einen Fahrradkorso organisiert. In diesem Aufruf heißt es u.a.

Seit Ende April hat sich ein breites Bündnis vielfältiger Akteur*innen sowie Anwohner*innen zum Protest gegen die sogenannten “Hygiene-Demos” zusammengefunden. „Wir wollen gemeinsam mit anderen auf die Gefahren hinweisen, die von der Leugnung von Fakten und der Verbreitung von Fake-News und Wahnvorstellungen ausgehen. Und wir sagen ganz klar: Nie wieder Faschismus! Nein zu Antisemitismus, Rassismus und Verschwörungsideologien in Berlin (…)

Auch die Tanzversammlung Rosenthaler hat zum 25.April ein Statement unter dem Titel „Hygiene-Demos“ NICHT MIT UNS! “ veröffentlicht.

Auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen VVN-BdA hat am 14.Mai ein Statement gegen die rechtoffenen Versammlungen veröffentlicht. Die Berliner VVN-BdA ist seit Ende April wöchentlich an den Gegenprotesten am Rosa-Luxemburg-Platz beteiligt und hat am 23. Mai zusätzlich eine eigene Kundgebung unter dem Motto „Kein Platz für Antisemitismus“ ebendort organisiert.

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